Streit des Betriebsrates mit Arbeitgeber über den Einsatz einer Einigungsstelle (Bild: Fotolia.de/Daniel Ernst)

Bei dem Streit über die Einsetzung einer Einigungsstelle ist das Gericht nicht an die Vorschläge der Beteiligten gebunden. Es kann einen eigenen Vorsitzenden für die Einigungsstelle bestimmen.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle und dabei auch um die Person des Vorsitzenden. Der Antragsteller ist ein Betriebsrat, der für einen Betrieb mit ca. 1400 Arbeitnehmer gebildet ist. Trotz mehrerer Verhandlungsrunden zur Festsetzung personenbezogener Dienstpläne kam es zu keinem Ergebnis. Der Betriebsrat beantragte nach erfolglosen Verhandlungsrunden die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem oben genannten Regelungsgegenstand sowie dem Vorsitzenden Herrn Richter am Arbeitsgericht a.D. V. R.

Entscheidung des Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 10.01.2019 die Einigungsstelle mit dem oben genannten Regelungsgegenstand und dem Vorsitzenden Herrn R. eingesetzt und die Anzahl der Beisitzer auf je drei festgesetzt.

Dagegen legte die Arbeitgeberin Beschwerde ein.

Sie wandte folgende Begründung gegen den Beschluss ein:

  • die Einsetzung einer Einigungsstelle sei nicht erforderlich
  • eine Klärung der streitigen Fragen, für die die Einigungsstelle eingesetzt werden solle, könnte im Rahmen von bisherigen Gesprächen der Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat verhandelt werden.
  • Die Verhandlungen sein nicht gescheitet: daher bestehe keim Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren. Im Übrigen bestünden
  • Gegen die Person des eingesetzten Vorsitzenden bestehen, weil dieser ein ehemaliger Kollege der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit sei und zu hohe Verfahrenskosten abrechne.

Beschluss des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 01.03.2019 (Az.: 2 TaBV 277/19)

Das Gericht gab der Beschwerde nur im Hinblick auf den Vorsitzenden statt.

a) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. §87 BetrVG ermöglicht Einsatz der Einigungsstelle gem. §87 Abs. 2 BetrVG

Zunächst wies es darauf hin, dass die Einigungsstelle hinsichtlich des Regelungsgegenstandes, für den gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht besteht, nicht offensichtlich unzuständig sei, da die Betriebsparteien um den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Arbeitszeit und Dienstplangestaltung streiten.

b) Rechtsschutzbedürfnis für die Einigungsstelle besteht

Dazu führte das Gericht aus:

„Danach besteht vorliegend eindeutig ein Rechtsschutzinteresse. Die Betriebsparteien sind seit 2017 in Verhandlungen nach einem Streit, der bereits durch ein Beschlussverfahren mit dem Ziel eines Abschlusses einer Betriebsvereinbarung beendet wurde. Der Betriebsrat hat die zwischenzeitlich angewandte Betriebsvereinbarung bereits im März 2018 gekündigt und danach noch weiter mit der Arbeitgeberin verhandelt. Es ist dann Sache der jeweiligen Betriebspartei, darüber zu entscheiden, wann die Verhandlungen aus der subjektiven Sicht der Partei nicht mehr erfolgversprechend sind.”

LArbG Berlin-Brandenburg vom 01.03.2019, Az.: 2 TaBV 277/19

c) Person des Einigungsstellenvorsitzenden

Zunächst betonte das Gericht, im Hinblick auf die Person des Vorsitzenden nicht an die Vorschläge des Betriebsrates oder der Arbeitgeberin gebunden zu sein. Es könne auch andere Personen berücksichtigen. Der Vorsitzende müsse nur folgende Voraussetzungen erfüllen:

„Bei diesem muss es sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Unparteilichkeit) und des § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG (Inkompatibilität) erfüllt. Als weitere ungeschriebene Voraussetzungen müssen die notwendige Sach- und Rechtskunde hinzutreten. Aus dem zuletzt genannten Grund werden in der Praxis ganz überwiegend Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit zu Vorsitzenden der Einigungsstellen bestellt. Unparteilichkeit setzt Neutralität gegenüber den Betriebspartnern voraus. Der Einigungsstellenvorsitzende muss die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung bieten (vgl. zum Ganzen nur: GMP/Schlewing, a. a. O., Rz. 24 m.w.N.).

Einigungsstelle: Einsatz eines neuen Vorsitzenden durch das Gericht

Danach war der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg a. D. Herr Dr. P. einzusetzen. Dieser ist nicht nur unparteilich und neutral gegenüber den Betriebsparteien.

Er kann als ehemaliger Richter des LAG Berlin-Brandenburg gemäß § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG eingesetzt werden, weil auszuschließen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Er verfügte als ausgewiesener Einigungsstellenvorsitzender bereits während seiner aktiven Dienstzeit über die notwendige Sach- und Rechtskunde, ist auch in der Ruhensphase weiter als Einigungsstellenvorsitzender ständig tätig und verfügt dabei über entsprechende Reputation (…).

Quellenangaben

Der Beschluss des LArbG Berlin-Brandenburg vom 01.03.2019, Az.: 2 TaBV 277/19 ist auf der Seite www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de oder direkt hier abrufbar.

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Rechtsanwalt Klaus Wille
und Fachanwalt für Familienrecht
Dozent für das Arbeits- und
Betriebsverfassungsrecht
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