Stärkung der Rechte von Scheinväter? (Foto: ©-Spectral-Design/fotolia.de)

Der Rückzahlungsanspruch des Scheinvaters gegen den biologischen Vater kann reduziert werden, wenn das Kind und der Scheinvater zusammengelebt haben.

1. Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Rückzahlung von gezahlten Kindesunterhalt für den Zeitraum von ca. 17 Jahren. Geht hierbei um den Zeitraum von Mai zu 1975 bis einschließlich Juli 1992.

Der Antragsteller war  im Zeitpunkt der Geburt des Sohnes mit der Kindesmutter verheiratet. Die Ehe wurde geschieden. In einer Scheidungsfolgenvereinbarung hatte sich der Antragsteller zur Zahlung von Kindesunterhalt für den im Haushalt der Kindesmutter lebenden Sohn von monatlich 400 DM verpflichtet. Der Sohn absolvierte eine Berufsausbildung dir im August 1992. Bis dahin zahlte der Antragsteller den Unterhalt. Der Sohn und der Antragsteller ließen in einem privaten Sachverständigengutachten die Vaterschaft des Antragstellers klären. Nach nach dem Ergebnis des Test war die Vaterschaft des Antragstellers ausgeschlossen. Die Vaterschaft des Antragstellers wurde angefochten und im Jahr 2016 wurde der Antragsgegner als Vater des Sohnes gerichtlich festgestellt.

Der Antragsteller verlangte nun von dem Antragsgegner dass dieser ihm insgesamt 42.400 € wegen des gezahlten Unterhaltes für den Zeitraum von 1975-1992 zurückzahlt.

Vorverfahren: Scheinvater fordert Rückzahlung

Das Amtsgericht hatte den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragstellers abgewiesen. Der Antragsteller ist dann mit einer Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegangen.

Bundesgerichtshof hebt erste Entscheidung auf

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. September 2018 (XII ZB 35/17) die Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 7. Juli 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückgewiesen. Nunmehr beschäftigte sich das Oberlandesgericht Celle wiederum mit der Angelegenheit.

2. Beschluss des OLG Celle vom 10.04.2017 (Az.: 21 UF 53/17)

a) Beweislast für die Unterhaltshöhe

Das Oberlandesgericht Celle stellt zunächst fest, dass der frühere rechtliche Vater (so genannter Scheinvater) die Darlegungs- und Beweislast in einem wichtigen Punkt trage: der frühere rechtliche Vater habe darzulegen und zu beweisen, dass der Antragsgegner über Einkünfte verfügte, die einen Unterhaltsanspruch über den Mindestunterhalt hinaus rechtfertigen. Nur wenn er Unterhalt in Höhe des Mindestbedarfs / Mindestunterhalts des Kindes geltend mache, müsse er das Einkommen nicht darlegen und beweisen. Vielmehr müsse dann der Antragsgegner beweisen, dass er leistungsunfähig gewesen sei.

Da der Antragsteller das Einkommen nicht konkret darlegen konnte, fand nur ein Ausgleich in Höhe des Mindestunterhalts statt. Daher ergebe sich rechnerisch für die Zeit von Juni 1975 bis einschließlich Juni 1992 ein Gesamtbetrag von ca. 24.000 €.

b) Unterhaltszahlung als unbillige Härte

Das Oberlandesgericht führte dann aus, dass der Unterhaltsanspruch gegebenenfalls zu reduzieren sei, wenn sich diese Unterhaltszahlung für den unterhaltsberechtigten Vater eine unbillige Härte darstellen. Dabei komme es darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Zeitraum der rechtliche Vater mit einer Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen musste.

Zusammenleben mit dem Kind ist relevant: Anspruch des Scheinvaters wird reduziert

Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Scheinvater mehr als die Hälfte des Unterhaltszeitraums mit dem unterhaltsberechtigten Kind und der Kindesmutter im familiären Gemeinschaft zusammengelebt habe.

Das Oberlandesgericht stellt hierbei also darauf ab, dass die bestehenden persönlichen Beziehungen einer geliebten Beziehung im Rahmen einer Gesamtabwägung berücksichtigt werden müsse. Es bezieht sich hierbei auch auf den Entwurf der Bundesregierung, der genau diesen Aspekt berücksichtigt.

Erstaunlicherweise hat das Oberlandesgericht hier keine Rechtsbeschwerde zugelassen.

3. Fazit zum OLG Celle

Unter dem Begriff „Scheinvater“ versteht man einen Mann, der nicht der biologische Vater des Kindes ist, aber vom Gesetz als (rechtlicher) Vater angesehen wird. Dies ist gemäß §1592 BGB möglich, wenn das Kind in der Ehe geboren wurde oder  der “Scheinvater” in gutem Glauben das Kind ohne Vaterschaftstest anerkannt hat oder  dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Der Scheinvater hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Unterhalt, den er an das Kind geleistet hat. Dieser Anspruch richtet sich dann nicht gegen die Kindesmutter, sondern gegen den biologischen Vater.

Das Oberlandesgericht möchte im Rahmen der Härtefallabwägung den Umstand berücksichtigen, dass der Scheinvater mit dem Kind zusammengelebt hat. Zu dem Zeitpunkt, in dem der Scheinvater von der Tatsache erfährt, dass er nicht der Vater ist, habe er ein “Familienleben” geführt. Dieses Familienleben könne unterhaltsrechtlich nicht abgewickelt werden. Dass dieses Familienleben unter Umständen auf einer Täuschung oder Betrug beruhe, interessiert das Oberlandesgericht nicht. Die Begründung ist daher nicht nachvollziehbar.

4. Literatur zu “Scheinväter”

Artikel in “Das Parlament” vom 07.08.2017: KUCKUCKSKINDER – »Die Heimlichkeit schafft das Problem« https://www.das-parlament.de/2017/32_33/themenausgaben/516314-516314

Artikel auf zeit.de vom 06.06.2019: ” Auskunftsanspruch:Scheinväter sollen Namen des leiblichen Vaters erfahren” https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/auskunftsanspruch-scheinvaeter-justizministerkonferenz-gesetzesaenderung-vaterschaft


Autor: Rechtsanwalt  Klaus Wille
und Fachanwalt für Familienrecht
Dozent für das Arbeits- und 
Betriebsverfassungsrecht
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