Krankes Kind ist kein Kündigungsgrund (Foto: (C) Liz Collet/fotolia.com )

Nimmt eine Arbeitnehmerin ihr erkranktes und betreuungsbedürftiges Kind mit zur Arbeit ist dies kein Grund für eine fristlose Kündigung. Dies hat das Arbeitsgericht Siegburg entschieden.

1. Sachverhalt (laut Pressemitteilung 4/2019)

Eine Arbeitnehmerin war als Pflegekraft beschäftigt und befand sich noch in der Probezeit. Als ihre Kinder erkrankten, stellte ein Arzt fest, dass diese betreuungsbedürftig sind. Die Arbeitnehmerin nahm die Kinder zeitweise mit zu dem Arbeitsplatz. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Dagegen reichte die Arbeitnehmerin Klage ein.

2. Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 04.09.2019 (Az.: 3 Ca 642/19): keine fristlose Kündigung

Das Arbeitsgericht Siegburg entschied laut der Pressemitteilung 4/2019 dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos beendet worden ist. Zwar sei das Verhalten der Arbeitnehmerin eine Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung reiche jedoch nicht für eine fristlose Kündigung. Das Arbeitsverhältnis wurde erst mit Ablauf der zweiwöchigen Kündigungsfrist in der Probezeit beendet. (Quelle: Pressemitteilung 4/2019 des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.09.2019).

3. Fazit

  • eine fristlose Kündigung ist eine Kündigung, die das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Der Kündigende wartet nicht einmal den Ablauf der normalen Kündigungsfrist ab. Der Kündigende argumentiert, der andere Vertragsteil habe eine erhebliche Vertragsverletzung begangen. Diese Vertragsverletzung führe dazu, dass man an den Arbeitsertrag nicht mehr festhalten könne.
  • Die Arbeitnehmerin hatte in diesem Verfahren nicht besonders viel gewonnen: Statt der fristlosen Kündigung hatte sie nur eine Kündigung innerhalb der Probezeit erreicht. Die Kündigung innerhalb der Probezeit ist mit einer Frist von zwei Wochen möglich.
  • Im Falle einer Erkrankung kommen zwei Freistellungsmöglichkeiten in Betracht: §616 BGB oder §45 Abs. 3 SGB V.
  • §616 BGB (vorübergehende Verhinderung): Danach behalten Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Lohnzahlung, wenn sie ohne eigenes Verschulden für eine unerhebliche Zeit nicht zur Arbeit kommen können. Dies kann auch eine Erkrankung eines Kindes sein. §616 BGB kann vertraglich ausgeschlossen werden. Dann kommt nur noch ein Anspruch für gesetzlich Versicherte in Betracht.
  • Kommt ein Arbeitnehmer aufgrund der Erkrankung seines Kindes nicht zur Arbeit, so ist eine Freistellung möglich. Für gesetzlich Krankenversicherte gibt es die Möglichkeit sich gemäß § 45 Abs. 3 SGB V von der Arbeit freistellen zu lassen. Dabei muss es sich um ein Kind handeln dass das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat und der Arzt bescheinigt dass eine Betreuung notwendig ist. Beschäftigte werden im Rahmen der gesetzlichen Versicherung maximal zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr freigestellt werden. Teile allein erziehenden Arbeitnehmern erhöht sich der Freistellungsanspruch auf maximal 20 Arbeitstage. Aus dem obigen Sachverhalt wird aber nicht deutlich, warum die Arbeitnehmerin diesen Freistellungsanspruch nicht geltend gemacht hat.

Autor: Rechtsanwalt  Klaus Wille
und Fachanwalt für Familienrecht
Dozent für das Arbeits- und 
Betriebsverfassungsrecht
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