Streit um den Kinderreisepasse (Foto: ©-Lasse-Kristensen-iStockphoto.com)

Sobald ein Elternteil für die Ausübung seiner Rechte den Kinderreisepass benötigt, hat er einen Anspruch auf Herausgabe gegenüber dem anderen.

1. Sachverhalt

Die Eltern streiten um die Herausgabe eines Kinderreisepasses. Die Eltern waren nicht verheiratet und leben getrennt. Für ein dreijähriges Kind üben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht aus. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Eltern hat das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei seiner Mutter. Die Mutter hat beantragt, dem Vater aufzugeben den in seinem Besitz befindlichen Kinderreisepass an sie herauszugeben.  Das Amtsgericht hat den Vater dazu verpflichtet. Dagegen hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag auf Herausgabe des Passes abgelehnt. Dagegen legte die Kindesmutter Rechtsbeschwerde ein.

2. Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 27.3.2019 (Az.: XII ZB 345/18)

Der Bundesgerichtshof hat den Vater zur Herausgabe des Kinder Reisepasses verpflichtet. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendungen der §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB. Gemäß der Wohlverhaltenspflicht hätten die Eltern dafür zu sorgen, dass das Kind im Besitz etwa von Kleidung, Schulsachen sowie Reisedokumenten sei. Dies gelte auch dann, wenn wichtige Dokumente benötigt würden. Zusätzlich erfordere sowohl das Sorgerecht als auch das Umgangsrecht, dass der jeweils berechtigte Elternteil die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört verbringen könne.

Der BGH führt aus:

Deshalb fällt unter § 1684 Abs. 2 BGB auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass das Kind im Besitz etwa von Kleidung (…), Schulsachen sowie Reisedokumenten ist (…).  Das gilt freilich nur insoweit, als der jeweils berechtigte Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts tatsächlich auf die Urkunden oder Sachen, deren Herausgabe er begehrt, angewiesen ist.

Das kann der Fall sein, wenn das Kind bei gemeinsamer Sorge seinen Lebensmittelpunkt – wie hier aufgrund einer Elternvereinbarung – bei einem Elternteil hat. Als Obhutselternteil i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB bedarf er grundsätzlich aller für das Kind wichtigen Dokumente. Aber auch der umgangsberechtigte Elternteil, der mit dem Kind beispielsweise eine (Auslands)Reise unternehmen will, bedarf namentlich des Kinderreisepasses.

Die berechtigte Besorgnis, dass der die Herausgabe begehrende Elternteil mit Hilfe des Kinderreisepasses seine elterlichen Befugnisse überschreiten (etwa das Kind ins Ausland entführen) will, kann dem Herausgabeanspruch allerdings im Einzelfall unter Berücksichtigung der wechselseitigen Loyalitätspflichten entgegenstehen.”

 

3. Rechtliche Würdigung

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr erstmalig entschieden, auf was für einer Grundlage sich die Herausgabe eines Kinderreisepasses beziehe. Stellte der BGH fest, dass eine direkte Anwendung der Familienrecht rechtlichen Vorschriften nicht möglich sei, doch es handelte sich hierbei um eine Regelungslücke die durch eine entsprechende Anwendung der vorhandenen Regelungen gelöst werden könne.

Es ist schon erstaunlich, wie sich manchmal die Eltern das Leben schwer machen. Der Bundesgerichtshof schränkte aber auch ein, dass die Herausgabe nur dann verlangt wird wenn der Kinder Reisepass benötigt würde.

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Autor: Rechtsanwalt Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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