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LAG Rheinland-Pfalz: Kündigung wegen häufiger Unpünktlichkeit zulässig

Unpünktlichkeit kann zur Kündigung führen (Foto: fotomek/fotolia.com)

Arbeitnehmer die ständig unpünktlich zur Arbeit kommen, können gekündigt werden. Nach vorherigen Abmahnungen ist eine ordentliche Kündigung möglich.

1. Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der Arbeitnehmer, der hier der Kläger des Verfahrens war, war seit November 1997 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger war nach der für ihn geltenden Betriebsvereinbarung im Schichtbetrieb eingesetzt. Er hatte danach seine Arbeit um 7:00 Uhr morgens aufzunehmen. Es existiert keine Gleitzeitregelung. Nach einer längeren Erkrankung im Jahr 2013, wurde der Kläger ab Februar 2014 wieder eingegliedert. Dabei wurde für den Kläger im Hinblick darauf, dass ein Vater pflegebedürftig war, ab Juni 2014 der Arbeitsbeginn einvernehmlich auf 8:00 Uhr morgens gelegt. Der Kläger nahm seine Arbeit häufig erst nach 8:00 Uhr morgens auf. Er wurde daraufhin mehrfach mündlich und auch schriftlich aufgefordert, seine Arbeit um 8:00 Uhr morgens aufzunehmen.

Im September 2015 erteilte die Arbeitgeberin dem Kläger eine Abmahnung wegen Nichteinhaltung des Arbeitsbeginns um 8:00 Uhr. Zusätzlich fand ein Personalgespräch mit dem Kläger statt. Der Kläger wurde angewiesen wieder gemäß der Betriebsvereinbarung pünktlich um 7:00 Uhr die Arbeit aufzunehmen.

In der Folgezeit nahm der Kläger seine Tätigkeit erst nach 8:00 Uhr auf. Er wurde daraufhin nochmals abgemahnt. Trotzdem nahm der Kläger im Oktober 2015 und Anfang November 2015 seine Arbeitszeit verspätet auf, wenn auch nur um einige Minuten.

Die Beklagte hörte daraufhin den Betriebsrat zu der beabsichtigten außerordentlichen und ordentlichen Kündigung an. Der Betriebsrat äußerte Bedenken zur außerordentlichen Kündigung und widersprach der ordentlichen Kündigung.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich zum 31. Mai 2016. Dagegen legte der Kläger beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage ein. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Dagegen legte der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht ein.

2. Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8.12.2016 (Az.. 2 A 181/16)

Die Klage war im Hinblick auf die fristlose Kündigung begründet, im Hinblick auf die ordentliche (fristgemäße) Kündigung zum 31. Mai 2016 unbegründet, mit der Folge dass das Arbeitsverhältnis am 31.05.2016 endete.

a) außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt

Unpünktlichkeit kann zur Kündigung führen (Foto: Daniel Ernst/fotolia.com)

Häufige Verspätung ist an sich geeignet eine fristlose Kündigung zu begründen

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass wiederholte Verspäten eines Arbeitnehmers an sich geeignet sein eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht hätten. In diesem Fall bringe der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht oder nicht nach und war zur rechten Zeit. Eine beharrliche Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag lägen hier vor, da der Kläger trotz mehrmaliger Abmahnung wiederholt zu spät gekommen sei. Die Tatsache, dass der Kläger kurz vor dem Ende des Arbeitsfeldes nur noch wenige Minuten verspätet zum Arbeiten kam, spiele hier keine Rolle.

Interessenabwägung spricht gerade noch gegen eine fristlose Kündigung

Bei jeder fristlosen Kündigung müsse eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden. Hier berücksichtigte das Landesarbeitsgericht zum einen die persönliche Situation des Klägers und zum anderen dass die Verspätungen sich zuletzt nur noch im Bereich von wenigen Minuten bewegten. Schließlich hätte der Kläger bei verspäteten Arbeitsantritt die Arbeit jeweils nachgeholt. Ob aufgrund der Verspätungen noch nachteilige Auswirkungen auf den Betriebsablauf vorgelegen haben, sei nicht erwiesen. Immerhin sei bis vor den ersten Verspätungen das Arbeitsverhältnis bisher Beanstandung frei verlaufen.

b) ordentliche Kündigung zum 31.05.2016 wirksam

Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis auch hilfsweise ordentlich gekündigt

Das wiederholt schuldhaft verspätete Eintreffen des Klägers in Betrieb war als erhebliche Verletzung des der Arbeitspflicht an sich geeignet eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Insbesondere seien vorher auch mehrere Abmahnungen erfolgt. Diese Abmahnungen hätten ausgereicht, um den Kläger zu warnen nun pünktlich zu kommen.

Bei der Interessenabwägung war entscheidend ins Gewicht gefallen, dass auch nach mehreren Mahnungen und Abmahnungen die Vesrpätungen aufgetreten sein und die Auswirkung einer beharrlichen Verletzung der Arbeitspflicht erreicht hätten. Die Beklagte musste hier auch davon ausgehen, dass der Kläger nicht bereit unter der oder in der Lage sei, seine Arbeitszeiten einzuhalten.

Fazit

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

  • Durch das unpünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, die Arbeit mit Beginn der betrieblichen Arbeitszeit aufzunehmen. Selbst geringfügige Verspätungen können ein Kündigungsgrund darstellen, sofern der Arbeitnehmer zuvor mehrmals deswegen noch abgemahnt worden ist.
  • Anhörung des Betriebsrates (Foto: Daniel Ernst/fotolia.com)

    Gemäß § 102 BetrVG muss ein bestehender Betriebsrat vor jeder geplanten Kündigung ordentlich angehört werden. Dabei muss der Betriebsrat auch mitteilen, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll. Möchte der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung aussprechen, so muss der Betriebsrat darüber informiert werden und zu beiden Kündigungsarten angehört werden.

  • Möchte der Betriebsrat eine geplante ordentliche Kündigung widersprechen, so muss er auf einen der in §102 Abs. 3 BetrVG genannten Widerspruchsgründe Bezug nehmen. Diese Widerspruchsgründe sind im Gesetz abschließend geregelt.
  • Zwar kann der Arbeitgeber trotz eines Widerspruchs durch den Betriebsrat dem Arbeitnehmer kündigen. Der Arbeitnehmer kann dann unter Bezugnahme auf den Widerspruch einen Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG geltend machen. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiter beschäftigen muss.
  • Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat  diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen schriftlich mitzuteilen. Diese Bedenken führen nicht zu dem Weiterbeschäftigungsanspruch nach §102 Abs. 5 BetrVG.

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Autor: Rechtsanwalt Klaus Wille


Abgelegt unter: Arbeitsrecht