Ein Familiengericht darf in einem vereinfachten Sorgerechtsverfahren ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Mutter in ihrer Stellungnahme zu dem Antrag auf gemeinsame Sorge keinerlei kindbezogene Argumente vorträgt. Die Gerichte dürfen an die Stellungnahme keine allzu strengen Anforderungen stellen.
1. Sachverhalt
Die beteiligten Eltern haben eine Beziehung geführt aus der ein Kind hervorgegangen ist. Die Eltern waren nicht verheiratet. Der Antragsteller hat die Vaterschaft anerkannt. Eine Sorgeerklärung haben die Eltern nicht abgegeben. Die Eltern haben von 2010 bis Ende 2013 als nichteheliche Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Die Antragstellerin hat das Kind dann mitgenommen und hat den Antragsgegner verlassen. Seitdem wir das Kind von der Mutter betreut. Es finden regelmäßige Umgangskontakte des Vaters statt. Mit Schreiben vom 07.02.2014 hat der Vater beantragt die gemeinsame elterliche Sorge einzurichten. Die Mutter hatte sich dagegen gewandt. Die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge widerspreche dem Kindeswohl. Der Vater habe sich geweigert seine Umgangskontakte auszuweiten. Der Kontakt sei auch nach dem Ende der Beziehung zunächst für drei Monate unterbrochen worden. Das Familiengericht hat dann im schriftlichen Verfahren dann die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind eingerichtet. Die Kindesmutter habe keine Gründe genannt die gegen die gemeinsame elterliche Sorge sprechen. Dagegen legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein. Sie wendet sich insbesondere dagegen, dass im vereinfachten Verfahren entschieden wurde.
2. Rechtlicher Hintergrund
Gemäß § 1626a Abs. 2 S.2 BGB kann das Gericht im schriftlichen Verfahren ohne Anhörung des Jugendamtes und ohne persönliche Anhörung der Eltern entscheiden. Voraussetzung dafür sei, dass der andere Elternteil keine Gründe vortrage, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegen stehen könnte und solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich sein (§ 1626a Abs.2 S.2 BGB). Anderenfalls müsste ein mündlicher Erörterungstermin angesetzt werden (§ 155a Abs. 4 S.1 FamFG).
3. Beschluss des Oberlandesgericht Karlsruhe vom 13.06.2014 (Az.: 18 OF 103/14)
Das OLG hob die Entscheidung des Familiengerichts wieder auf und verwies die zur erneuten Entscheidung wieder zurück. Das Verfahren des Familiengerichts hätte nicht im vereinfachten Verfahren entschieden werden dürfen. Vielmehr hätte ein Erörterungstermin stattfinden müssen. Ob ein Gericht im vereinfachten Verfahren entscheiden könne, sei davon abhängig welche Anforderungen an den Vortrag der Beteiligten insbesondere dem – oder derjenigen, die das gemeinsame Sorgerecht ablehnt, gestellt würden. Das Oberlandesgericht führt hierzu wie folgt aus:
„ Nach der Gesetzesbegründung liegen die Voraussetzungen für die Vermutung nach § 1626a Abs.2 S.2 BGB und damit auch für das vereinfachte Verfahren nach §155a Abs. 3 FamFG vor, wenn sich der andere Elternteil zum Antrag auf Einrichtung der gemeinsame Sorge gar nicht äußert oder in seiner Stellungnahme keine Gründe vorträgt, die der gemeinsamen Sorge entgegenstehen können, etwa weil der Vortrag ohne jegliche Relevanz im Hinblick auf das Kindeswohl ist (BT/Drucksache 17/11048, S.18). Unbeachtlich sind danach beispielsweise Einwendungen der Mutter, sie wolle auch in Zukunft lieber alleine entscheiden, sie habe mit dem Vater eines früher geborenen Kindes schlechte Erfahrungen mit dem gemeinsamen Sorgerecht gemacht oder es bestehe keine Notwendigkeit für ein gemeinsames Sorgerecht, weil der Vater von ihr mit Vollmachten ausgestattet sei und in naher Zukunft ohnehin keine wichtigen Entscheidungen anstünden (BT/Drucksache 17/11048,S. 18). Diese – vom Gesetzgeber exemplarisch genannten – Gründe haben die Gemeinsamkeit, dass sie keinerlei konkrete kindsbezogene Argumente enthalten, sondern abstrakt und allgemein gehaltenen Befindlichkeiten zum Ausdruck bringen. Solche Gründe, die einen Bezug zum konkreten Falle zum Wohl des gemeinsamen Kindes vermissen lassen, sind danach unbeachtlich (…). Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn – jedenfalls im Ansatz – Gründe vorgetragen werden, die im Bezug zum gemeinsamen Kind, zum Eltern- und Kindverhältnis und/ oder konkret zum Verhältnis der beteiligten Eltern und somit im Zusammenhang mit der Einrichtung des Sorgerechts stehen können (…). In diesem Fall hat das Familiengericht den Erörterungstermin nach § 15 Abs. 2 S.3 FamFG durchzuführen und das Jugendamt zu beteiligten.“
Dabei dürften die Anforderungen nicht zu hoch angesetzt werden. Zwar habe im folgenden Fall die Antragsgegnerin überwiegend unerhebliche Gründe vorgetragen. Andererseits weisen die Ausführungen der Antragsgegnerin auch ganz konkrete Vorträge zum gemeinsamen Kind und zur Frage des gemeinsamen Sorgerechts im Fall auf, z.B. die Frage nach dem aus Sicht der Mutter ungenügenden Kontakt zwischen dem Vater und dem Kind. Auch die Frage der Erreichbarkeit des Kindes sei hier zu berücksichtigen. Damit sei – so das OLG – keine Entscheidung über die Einrichtung der gemeinsamen Sorge gefällt worden, sondern es müsse jetzt nur in einem Erörterungstermin die Angelegenheit geklärt werden. Daher müssten die Eltern persönlich angehört werden und das Jugendamt beteiligt werden.
4. Quellennachweis
Die Entscheidung ist unter http://www.justizportal-bw.de dort unter Entscheidungen im Volltext abrufbar.
Rechtsanwalt Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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