1. Sachverhalt

Die Eheleute sind miteinander verheiratet. Die Antragstellerin beantragt die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres auszusprechen. Beide Ehegatten besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehegatten leben seit dem 25.04.2011 voneinander getrennt.  Der Antragsgegner erhielt den Scheidungsantrag am 28.05.2011 zugestellt. Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegner randaliere in der Wohnung, beleidige sie, beschimpfe und bedrohe sie. Am 21.04.2011 habe er alkoholisiert den Vater der Antragstellerin tätlich angegriffen und erheblich verletzt. Er habe außerdem gedroht die Schwiegereltern „kalt zu machen“. Er habe dem Vater der Antragstellerin diesen zu erschlagen und zusätzlich damit gedroht die Antragstellerin erstechen oder erschlagen zu wollen. Zusätzlich habe er gedroht das Haus anzuzünden. Die Antragstellerin war dann am 25.04.2011 aus der Wohnung ausgezogen und hielt sich seit dem bei der Schwester auf. Als die Antragstellerin persönliche Gegenstände aus der Ehewohnung abholen wollte, war der Antragsgegner mit einem Zimmermannshammer auf sie losgegangen und habe geschrien, dass er sie nun erschlagen werde. Sie komme hier nicht lebend vom Grundstück herunter. Erst das Eingreifen eines Schwagers habe den Antragsgegner gehindert einen Schlag auf die Antragstellerin auszuführen.
Das Amtsgericht hatte den Antrag zurückgewiesen. Dagegen legte die Antragstellerin Beschwerde beim Oberlandesgericht Dresden ein.

2. Rechtlicher Hintergrund

Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen (§ 1565 Abs.1 BGB). Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Voraussetzung der Ehe für den Antragstellerin aus Gründen, die in der Person des andere Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 1565 Abs.2 BGB). Danach muss für einen Scheidungsantrag mindestens eine Trennungszeit von einem Jahr vorliegen. Das Trennungsjahr muss in der letzten mündliche Verhandlung abgelaufen sein. Der Scheidungsantrag kann daher vor Ablauf des Trennungsjahres gestellt werden. Ein verfrüht gestellter Scheidungsantrag ist aber abzuweisen, wenn noch vor Ablauf des Trennungsjahres eine mündliche Verhandlung möglich ist. Die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres ist ein Ausnahmetatbestand. Die Umstände, die zu einer unzumutbaren Härte für die Weiterführung der Ehe führen, müssen in der Person des anderen Ehegatten liegen. Nur unter engen Voraussetzungen können solche Umstände bejaht werden (vgl. OLG Düsseldorf in FamRZ 1993, S. 810).

3. Beschluss des OLG Dresden vom 16.04.2012 (Az.: 23 UF 1041/11)

Das OLG hielt die Beschwerde im Wesentlichen für begründet und hob den Beschluss des Amtsgerichts auf. Die Angelegenheit wurde an das Familiengericht zurück überwiesen.
Das OLG hielt einen Fall der unzumutbaren Härte für gegeben. Sämtliche Verhaltensweisen des Antragsgegners zusammengenommen reichen nach Auffassung des Senats zu Annahme einer unzumutbaren Härte aus. Das Verhalten sei so schwerwiegend, dass es der Antragstellerin nicht mehr zuzumuten sei, auf den Ablauf des Trennungsjahres zu warten. Insbesondere der Vorfall am 22.05.2011 (Stichwort: Zimmermannshammer) sei so erheblich, dass das Festhalten an der Ehe unzumutbar sei. Außerdem habe der Antragsgegner Drohungen gegenüber Dritten ausgesprochen die Antragstellerin zu töten. Drohung, den Ehegatten zu töten, stellen eine solche unzumutbare Härte dar.
Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Situation zwischenzeitlich durch die Durchführung des Gewaltschutzverfahrens beruhigt habe. Dazu führt das OLG wie folgt aus:

„Dem steht nicht entgegen, wie das Amtsgericht meint, dass sich die Situation zwischenzeitlich durch die Durchführung des Gewaltschutzverfahrens beruhigt hatte. Denn Maßnahmen die für eine erneute Bedrohung und gar körperlichen Übergriffen schützen, auch Gewaltschutzanordnungen, besagen nichts darüber, ob es dem Ehepartner zuzumuten ist das eheliche Band aufrecht zu erhalten (…). Insbesondere entfällt das Merkmal der unzumutbaren Härte nicht dadurch, dass die die besondere Härte begründenden Umstände inzwischen einige Zeit zurückliegen.“

Die Angelegenheit konnte aber noch nicht entschieden werden, da das Familiengericht den Versorgungsausgleich noch nicht durchgeführt habe. Es fehle die Auskunft über den Versorgungsausgleich. Dabei müsse beachtet werden, dass Bedrohung in der Regel nicht ausreichen um die Durchführung des Versorgungsausgleiches als grob unbillig erscheinen zu lassen.
Das OLG wies aber darauf hin, dass bei Vorliegen einer unzumutbaren Härte in der Regel die Abtrennung des Versorgungsausgleichs gem. § 140 Abs.2 S.2 Nr.5 FamFG angezeigt sei. Damit könne die Scheidung beim Amtsgericht kurzfristig ausgesprochen werden.

4. Fazit

In der Regel werden Scheidungsanträge vor Ablauf des Trennungsjahres durch die jeweiligen Familiengerichte zurückgewiesen. Nur in äußersten Extremfällen wird das Amtsgericht einen solchen Antrag positiv bescheiden.  Das OLG hatte hier einen Fall, der richtigerweise eine unzumutbare Härte für die Antragstellerin war. Liest man die Entscheidung des vorhergehenden Amtsgerichts, so stellte sich die Frage, was noch alles passieren musste, um eine unzumutbare Härte festzustellen. Der Antragsgegner hatte die Antragstellerin mit einem Zimmermannshammer bedroht, sie mit dem Tode bedroht und ihr körperliche Schläge angekündigt. Dies reicht nach der allgemeinen Auffassung, eine Unzumutbare Härte festzustellen.
Rechtsanwalt Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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