1. Sachverhalt

Die Parteien haben 1989 geheiratet. Sie leben seit Februar 1998 getrennt. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung hat die Antragsgegnerin die Betreuung der Kinder allein übernommen. Der Antragsteller hat Unterhalt für die Kinder gezahlt. Die Antragsgegnerin hatte mit der Geburt der Kinder ihr Studium abgebrochen und die Haushaltsführung sowie die Kinderbetreuung übernommen. Seit September 2000 hat die Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit. Der Antragsteller zahlt seitdem keinen Trennungsunterhalt mehr.
Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde im März 2011 zugestellt. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich zu Lasten des Antragstellers durchgeführt. Dagegen wendet sich der Antragsteller. Er legte im Hinblick auf den Versorgungsausgleich Beschwerde ein.

2. Rechtlicher Hintergrund

Mit der Scheidung zwingend ist der Versorgungsausgleich durchzuführen. Versorgungsausgleichsangelegenheiten werden von Amts wegen als sog. Folgesache geführt. Zu beachten ist, dass gem. § 3 Abs.3 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren ein Versorgungsausgleich nur dann stattfindet, wenn ein Ehegatte dies beantragt.
Ob der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden kann wenn die Trennungszeit schon länger andauert wird unterschiedlich beurteilt. Die Rechtsprechung ging bisher davon aus, dass in Einzelfällen bei einer ungewöhnlich langen Trennungszeit eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs unter Billigkeitsgesichtspunkten bis hin zu einem vollständigen Ausschluss in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss des BGH vom 11.09.2007, Az.: XII ZB 107/04).

3. Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 12.10.2012 (Az.: 19 UF 7/12)

Das Kammergericht führte den Versorgungsausgleich durch. Es sah keinen Grund den Versorgungsausgleich zu beschränken oder auszuschließen.
Das Gericht wies darauf hin, dass eine Beschränkung oder Ausschluss des Versorgungsausgleichs nur als Ausnahmemöglichkeit gegeben sind. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde.
Die lange Trennungszeit rechtfertige keine Kürzung des Versorgungsausgleichs. Hierzu führt das Kammergericht wie folgt aus:

„Da der Versorgungsausgleich im Grundsatz auf der Überlegung beruht, dass der Erwerb der beiderseitigen Versorgungsanrechte auf das Ergebnis der gemeinschaftlichen Lebensführung der Parteien ist, kommen allerdings Ausnahmen in Betracht, wenn die Versorgungsschicksale sich während der Trennungszeit soweit verselbstständigen, dass die Versorgungsgemeinschaft aufgegeben wird; dem Versorgungsausgleich fehlt dann die ihn rechtfertigende Grundlage (…). Deswegen kann es im Einzelfall angezeigt sein, bei einer ungewöhnlich langen Trennungszeit eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs unter Anwendung der allgemeinen Billigkeitsklausel bis hin zu einem vollständigen Ausschluss vorzunehmen (…). Vorliegend haben die früheren Ehegatten vor Einreichung der Scheidung bereits ca. 13 Jahre getrennt gelebt, von denen die Antragsgegnerin seit elf Jahren wirtschaftlich von dem Antragsteller unabhängig ist. Allerdings sind die von der Trennungszeit die Jahre nicht zu berücksichtigen, in denen ein früherer Ehegatte die Aufgabe der Kinderbetreuung übernommen hat (…). In dieser nach der Trennung von der Antragsgegnerin allein übernommenen Aufgabe, war auch eine des Antragstellers, selbst dann, wenn er Kindesunterhalt gezahlt hat. Die Erziehung gemeinsamer Kinder erschöpft sich nicht in der Deckung des finanziellen Bedarfs, sondern erfordert im Wesentlichen ein persönliches Einbringen, dass der Antragsteller nicht geleistet hat. Daher scheint es nur gerecht wenn er hierfür in Versorgungsrechtlicher Hinsicht gegenüber der Antragsgegnerin in der Pflicht bleibt. Auf die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Antragsgegnerin kommt es daneben ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob ihre Erwerbsmöglichkeiten ehebedingt eingeschränkt waren bzw. sind. Solange die Antragsgegnerin gemeinsame Kinder betreut hat, hat eine Entflechtung der  Verhältnisse der früheren Ehegatten eben nicht stattgefunden.“

Da das jüngste Kind erst im Jahre 2006 volljährig wurde, ist die relevante Zeit nur auf fünf Jahre, nämlich von 2006 (Volljährigkeit des Kindes) bis 2011 (Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages) zu betrachten. Im Verhältnis zu den neuen Jahren, in denen die Ehegatten seit der Eheschließung zusammengelebt hatten, handele es sich nicht um eine übermäßig lange Trennungszeit, die die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich unbillig erscheinen ließen. Letztlich sei also der Versorgungsausgleich vollständig durchzuführen.

4. Fazit

Die Eheleute müssen sich darüber im klarem sein, dass eine lange Trennungszeit sich auch im Rahmen des Versorgungsausgleichs auswirken kann. In der Regel läuft in der Trennungszeit auch der Versorgungsausgleich weiter, d.h. die Rentenanwartschaften werden weiterhin angesammelt. Der Endstichtag für die Berechnung des Versorgungsausgleichs ist die Zustellung des Scheidungsantrages. Nur in seltenen Fällen kann aufgrund der langen Trennungszeit eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleiches angezeigt sein. Als weitere Gründe den Versorgungsausgleich nicht durchzuführen in eine kurze Ehedauer. Wenn die Ehe noch keine drei Jahre angedauert hat, so wird der Versorgungsausgleich nur dann durchgeführt, wenn einer der Eheleute einen Antrag stellt. Es ist möglich, dass man den Versorgungsausgleich mittels eines notariellen Vertrages ausschließt.  Doch es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber immer verlangt, dass eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten muss. Häufig wird der Ausschluss des Versorgungsausgleichs ohne Kompensation streng geprüft.

5. Quellenangaben

Rechtsanwalt Klaus Wille
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