Daher ist einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein Rechtsanwalt im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beizuorden.

1. Sachverhalt

Es geht um die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Vaterschaftsanfechtungsverfahren bewilligte Verfahrenskostenhilfe.
Aus einer Ehe sind  die Antragstellerinnen hervorgegangen. Die Kinder wurden vor Anhängigkeit des Scheidungsantrages geboren. Die Vaterschaft des Ehemannes wurde durch die Kinder angefochten. Der Ehemann erklärte, es treffe zu, dass er nicht der leibliche Vater der Antragstellerinnen sei,  er werde die Anerkennung durch den leiblichen Vater zustimmen. Das Familiengericht hat Verfahrenskostenhilfe für die Kinder bewilligt, den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen. Dagegen legten die Antragstellerinnen Beschwerde zum OLG ein. Das OLG wies die Beschwerde zurück. Dagegen legten die Antragstellerinnen Rechtsbeschwerde ein.

2. Rechtlicher Hintergrund

Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt in einem Verfahren vorgeschrieben, wird den Beteiligten Einzelvertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet (§ 78 Abs.1 FamFG).  Ist dagegen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 78 Abs.2 FamFG). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts setzt gem. § 78 Abs.2 FamFG voraus, dass die Sach-, Rechtslage schwierig ist. Dabei geht ein Teil der Rechtsprechung davon aus, dass es genügt, wenn nur die Sach- oder nur die Rechtslage schwierig ist. In § 114 Abs.1 FamFG müssen sich die Ehegatten in Ehe- und Folgesachen sowie die Beteiligten im selbstständigen Familienstreit durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. In den Übrigen Familiensachen in denen auch die Abstammungssachen gehören, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben. Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (BGH in FamRZ 2010, 1427). Allein die existentielle Bedeutung der Sache kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach neuem Recht dagegen nicht mehr begründen. In der Rechtsprechung ist streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen Abstammungssachen – zudem das Anfechtungsverfahren gehört – eine Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht kommt.

3. Beschluss des BGH vom 13.06.2012 (Az.: XII ZB 218/11)

Der BGH spricht sich für die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahrens im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe aus, denn insoweit weise die Rechtslage Schwierigkeiten auf. Der BGH begründet dies mit verschiedenen Argumenten:
a) Bei einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren müssten die Antragsteller besondere Anforderungen erfüllen. Es müssen die Gründe für die Zweifel einer Vaterschaft im Einzelnen dargelegt werden. Daran ändere auch nichts, dass in Abstammungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz gelte. Dazu führt der BGH wie folgt aus:

„Von den Beteiligten Personen nicht vorgebrachte Tatsachen dürfen nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, dem Fortbestand der Vaterschaft zu dienen, oder wenn die Vaterschaft anfechtende einer Berücksichtigung nicht widerspricht. § 177 Abs.1 FamFG knüpft an die bis zum 01.09.2009 geltende Vorschrift des § 640 d ZPO an, zu der der Senat ausgeführt hat, dass das Gericht für das Anfechtungsbegehren günstige Tatsachen schon dann nicht berücksichtigen dürfe, wenn sie mit den Tatsachenvortag des Anfechtenden nicht vereinbar seien. Es liegt mithin in der Hand des Antragstellers, ob die relevanten Umstände im Verfahren eingeführt werden dürfen oder nicht. Damit kann der Antragsteller aber den Tatsachenvortrag, der an sich erforderlich wäre nicht mit der Begründung unterlassen, die entsprechenden Tatsachen könnten von Gericht von Amts wegen eingeführt werden. Dem Gericht ist auch nicht zuzumuten, wenn der Antragsteller einen entsprechenden Vortrag unterlässt, diese Umstände von Amts wegen zu ermitteln und dann abzuwarten ob der Antragsteller ihre Verwertung hinnimmt, oder anders vorträgt (…)“

b) Außerdem müssten den Beteiligten die Möglichkeit eröffnet werden, das Verfahren in eigenem Interesse zu begleiten. Bei einem Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz dürfe ein mittelloser Beteiligter nicht schlechter gestellt werden als ein vermögender Beteiligter.
c) Wenn ein Abstammungsgutachten eingeholt worden ist, kann der nichtanwaltlich vertretene Beteiligte häufig nicht einschätzen, ob das Gutachten mangelfrei und in verfahrensrechtlicher zulässigerweise eingeholt worden ist.
d) Weitere Schwierigkeiten treten in Abstammungsverfahren bei der Prüfung auf, wer die Beteiligten minderjährigen Kinder vertreten darf.
e) Im Abstammungsverfahren gelten strenge Beweisanforderungen die den Familiengerichten Schwierigkeiten bereiteten.
All diese Gründe lassen die Beiordnung eines Rechtsanwalts als geboten erscheinen. Die Rechtslage im Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei regelmäßig als schwierig i. S. v. § 78 Abs.2 FamFG anzusehen.

4. Fazit

Damit ist grundsätzlich entschieden, dass in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren der antragstellenden Partei im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. Der BGH spricht ausdrücklich davon, dass sich die Rechtsalge im Vaterschaftsanfechtungsverfahren regelmäßig als schwierig i. S. v. § 78 Abs. 2 FamFG erweist.
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Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Klaus Wille
und Fachanwalt für Familienrecht
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