1. Sachverhalt

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Die Eheleute schlossen im Jahre 2004 die Ehe. Aus der Beziehung sind zwei Töchter hervorgegangen, die seit der Trennung im Frühjahr 2008 bei der Ehefrau leben. Die Ehefrau geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Der Ehemann, der auch Beklagter ist, ist Berufssoldat mit Dienstgrad eines Hauptfeldwebels. Er war dreimal jeweils für ca. vier Monate in Afghanistan eingesetzt. Der Beklagte erhielt hierfür einen Auslandsverwendungszuschlag. Während dieses Einsatzes nahm die Klägerin eine Beziehung zu einem anderen Mann auf. Nachdem sie aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen war, zog sie mit dem neuen Partner zusammen. Aus dieser Beziehung ist ein Sohn hervorgegangen. Die Klägerin hat ihren neuen Partner mittlerweile auch geheiratet. Der Beklagte hat ebenfalls eine neue Beziehung. Seine Partnerin lebt mit ihm zusammen. Die Klägerin verlangte für die Zeit vom 01.01.2009 bis zur Rechtskraft der Scheidung (Dezember 2009) Trennungsunterhalt sowie ergänzenden Kindesunterhalt. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung höheren Kindesunterhalts verurteilt und die Klage auf Trennungsunterhalt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klägerin Trennungsunterhalt zuerkannt. Dagegen legte der Beklagte Revision ein.

2. Rechtlicher Hintergrund

Den Auslandsverwendungszuschlag wird für den Einsatz der Berufssoldaten im Ausland gem. § 56 BBesG gewährt. Der BGH hatte im Jahre 1980 den Auslandsverwendungszuschlag i. S. v. § 55 Abs. 5 BBesG für einen in den Niederlanden tätigen Oberstleutnant in der Höhe als Einkommen berücksichtigt, in der die Zahlung die durch den Auslandsaufenthalt bedingten Mehraufwendungen überstieg (Vgl. BGH Urteil vom 16.01.1980;Az.: IV ZR 115/78).

3. Urteil des BGH vom 18.04.2012 (Az.: XII ZR 63/10)

a) Der BGH stellte zunächst fest, dass für die Klägerin keine Erwerbsobliegenheit vorgelegen habe. Anders als in § 1570 BGB sind die Voraussetzungen für den Trennungsunterhalt wegen Betreuung eines Kindes nicht konkretisiert worden. Für den Trennungsunterhalt gelten aber großzügigere Anforderungen. Erst mit zunehmender Verfestigung der Trennung wird eine langsame Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe der Erwerbsobliegenheit bewirkt.  Die Klägerin hat aber im Trennungszeitraum einen Sohn geboren. Zu diesem Zeitpunkt waren die Parteien noch miteinander verheiratet und der Beklagte gilt daher gem. § 1592 Nr. 1 BGB als rechtlicher Vater. Eine Anfechtung der Vaterschaft war weder festgestellt noch vorgetragen worden. Daher ging der BGH davon aus, dass der Beklagte auch noch rechtlicher Vater war. Des Weiteren führt der BGH wie folgt aus:

„Das er unstreitig nicht der biologische Vater des Kindes ist, ist insofern nicht erheblich. Im Zusammenhang mit dem Ehegattenunterhalt ist die fortbestehende  Vaterschaft zwingend dort zu berücksichtigen, wo der Unterhalt des Ehegatten an eine gemeinsame Elternschaft anknüpft oder diese ansonsten für die Bemessung des Unterhalts bedeutsam ist (…). Solange die rechtliche Vaterschaft des Beklagten besteht, kommt es für die Frage einer Erwerbsobliegenheit der Klägerin nicht auf den von der Revision geltend gemachten Möglichkeit einer Fremdbetreuung für die Töchter A. M. an. Eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin bestand unabhängig davon nicht. “

b) Der BGH vertritt die Auffassung, dass von Auslandsverwendungszulagen von Soldaten für Einsätze in Krisengebieten bei der Berechnung des unterhaltsrechtlichen Einkommens ein Billigkeitsabschlag zu gewähren sei. Zwar treffe es zu, dass Einsätze in Kriegskrisengebieten zum Berufsbild eines Soldaten gehören. Bei solchen Einsätzen komme es zu erheblichen belasteten Umständen, die den Soldaten unmittelbar persönlich betreffen. Der Auslandsverwendungszuschlag betreffe alle materiellen Mehraufwendungen und immaterielle Belastungen der besonderen Verwendung im Ausland. Dem Einsatz in Afghanistan wird wegen der erschwerenden Besonderheit die höchste Stufe des Auslandsverwendungszuschlages von seinerseits täglich 92,03€. Daher sei es angemessen dem Soldaten einen Teil des Zuschlags als Ausgleich anrechnungsfrei zu belassen.
Zudem geht der BGH davon aus, dass aufgrund der freiwilligen Meldung des Beklagten zu einem Einsatz in Afghanistan die Tätigkeit als überobligationsmäßig anzusehen ist. Weiter führt der BGH wie folgt aus:

„Hieraus folgt zwar noch nicht, dass der Zuschlag für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligationsmäßiger Tätigkeit heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufgrund der konkreten Umstände zu beurteilen. “

Der BGH hält im Ergebnis eine Berücksichtigung von 1/3 bis ½ des Zuschlages als Einkommen für angemessen.
Allein aus diesen Gründen müsse das Berufungsgericht nochmals über die Angelegenheit entscheiden.
c) Der BGH bemängelt zudem, dass das Berufungsgericht den Ausschluss des Unterhaltsanspruchs der Klägerin wegen Unbilligkeit abgelehnt habe. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass  zur Wahrung der Belange der Kinder der Klägerin der Unterhalt zustehen müsse. Dazu führt der BGH wie folgt aus:

„Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum Elterngeld in Höhe von jeweils 300,00€ bezogen hat. Diese Leistung hat zwar nach § 11 S.1 BEEG grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben. Dies gilt nach § 11 S.4 BEEG in dessen nicht in den Fällen der §§ 1561 Abs. 3. 1579 BGB. Insoweit ist das Elterngeld vielmehr als Einkommen einzubeziehen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht sich auch in diesem Zusammenhang nicht die Frage vorgelegt, ob der Klägerin eine Vergütung für Haushälterische Versorgungsleistungen anzurechnen ist, die sie ihren neuem Partner im Rahmen der begründeten Lebensgemeinschaft erbracht hat.“

4. Fazit

Der BGH hat in seinem Urteil abschließend auch noch darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung, ob die Klägerin mit ihrem neuem Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt hat auch das Kind zu berücksichtigen sei. Dieser Gesichtspunkt könne dazu führen, dass bereits vor einer Dauer von zwei bis drei Jahren vom Vorliegen einer Verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen sei. Dies gilt im Übrigen auch dafür, dass die Klägerin mit ihrem Partner seit Mai 2008 in einer gemeinsamen Wohnung gelebt hat.
Schließlich wird der Auslandsverwendungszuschlag nur noch im Rahmen der Billigkeit als Einkommen zu berücksichtigen sein. Der BGH hat es abgelehnt den Auslandsverwendungszuschlag in Krisengebieten vollständig dem Einkommen zuzuschlagen.
5. Quelle
Die Entscheidung ist im Volltext unter www.bundesgerichthof.de abrufbar.

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Klaus Wille
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