1. Sachverhalt

Der Kläger wurde im Jahr 1996 geschieden. Vor der Eheschließung hatten die Eheleute einen Ehevertrag geschlossen, indem der Versorgungsausgleich (VA) im Fall der Scheidung ausgeschlossen wurde. Als Gegenleistung schloss der Kläger eine dynamische Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 35 Jahren ab. Die Versicherungssumme sollte den Beteiligten bei Fälligkeit zu gleichen Teilen zustehen und der Frau sofort zur Verfügung gestellt werden.
Wie vereinbart zahlte der Kläger der Frau den hälftigen Betrag der Versicherungssumme aus und machte diesen Auszahlungsbetrag als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Diese Aufwendungen dienten der Erhaltung seiner ungeschmälerten künftigen Versorgungsbezüge.
Das Finanzamt setzte die Steuer ohne Berücksichtigung dieser Werbungskosten fest. Dagegen klagte der Ehemann vor dem Finanzgericht (FG), das die Klage abwies.
Die Revision der Klägers vor dem BFH hatte Erfolg.

2. Rechtlicher Hintergrund

Werbungskosten im Sinne des Einkommenssteuergesetzes sind alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 EStG)
Zur Ermittlung der steuerlich relevanten Einkünfte sind diese Werbungskosten von den Einnahmen abzuziehen, bei denen sie entstanden sind. Entscheidend dabei ist ein objektiver Zusammenhang mit der Einkunftsart. Liegt ein objektiver Zusammenhang vor, so ist die Höhe oder Angemessenheit der Ausgabe unerheblich, es sei denn, die Ausgabe steht im krassen Missverhältnis zum Zweck. .

3. Urteil des BFH vom 24.03.2011 (Az.: VI R 59/10)

Der BFH führt in seinem Urteil aus, dass die bisherigen Feststellungen des FG keine Entscheidung darüber gestatten, ob die vom Kläger vorgenommene Zahlung der hälftigen Versicherungssumme an seine geschiedene Ehefrau als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien. Das FG habe nicht ausreichend geprüft, ob in der Ausgleichszahlung eine Gegenleistung für den Verzicht auf den VA zu sehen ist, sondern hat ohne hinreichende Begründung angenommen, dass der Kläger ohnehin zur hälftigen Ausgleichszahlung verpflichtet war. Nur durch Auslegung des Ehevertrages sei zu ermitteln, ob bereits der Abschluss des Lebensversicherung eine Gegenleistung für den Verzicht auf den VA  und damit als Werbungskosten bei der Steuer zu berücksichtigen sei.

Hierzu führt der Senat aus:
„Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn die mit dem Aufwand zusammenhängenden Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandenen Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richtet
Nach diesen Maßstäben sind Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 1587o des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an den anderen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, ebenso wie Auffüllungszahlungen nach § 58 des Beamtenversorgungsgesetzes als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen. Nichts Anderes gilt für Ausgleichszahlungen, die auf Grundlage einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich an den früheren Ehegatten gezahlt werden.“

Die Versagung des Werbungskostenabzugs könne nicht allein deswegen versagt werden, weil der Kläger auch bei Fortbestehen der Ehe zur hälftigen Teilung der Versicherungssumme verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr komme es darauf an, ob die Ausgleichszahlung als Gegenleistung für den Verzicht auf den VA an die frühere Ehefrau gezahlt wurde.
Dieser wirtschaftliche Zusammenhang sei hier zwar nicht eindeutig dem Ehevertrag zu entnehmen, allerdings auch nicht ausgeschlossen. Folglich müsse das FG Feststellungen dazu treffen, welche Absichten der Kläger und seine frühere Ehefrau mit dem Verzicht auf den VA und der Abrede über die Teilung der Versicherungssumme verbunden haben.  Zu prüfen sei. Nur wenn der ausgeschlossene VA ausschließlich im Zusammenhang der vereinbarten Gütertrennung und dem damit verbundenen Ausschluss des Zugewinns zu sehen sei, komme der beantragte Werbungskostenabzug nach Auffassung des Senats nicht in Betracht.

4. Fazit

Die Auffassung des BFH eröffnet Gestaltungsspielräume, die bei Abschlüssen von Eheverträgen von Bedeutung sind. Häufig wird in Eheverträgen bei wirksamen Globalverzicht eine Ausgleichszahlung für den Verzicht auf Zugewinn vereinbart. Für die Wirksamkeit des Ehevertrages hat dies keine Auswirkungen, da der Zugewinn nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgenrechts gehört. Das bedeutet, dass Eingriffe in diesen Bereich auch ohne Inhaltskontrolle zulässig sind.
Jedoch ist dann eine solche Ausgleichszahlung als Werbungskosten nicht steuerlich absetzbar. Es ist bei Abschluss des Ehevertrages also darauf zu achten, dass die Ausgleichszahlung als Abfindung für den Ausschluss des VA deklariert wird. Dann kann die Zahlung als Werbungskosten bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden, soweit versteuerbare Renten betroffen sind.

5. Quelle

Das Urteil können Sie sich unter der Seite www.bundesfinanzhof.de  unter der Rubrik Entscheidungen online und Eingabe des Aktenzeichens  -VI R 59/10- einsehen.
Bei diesen Fragen stehe ich Ihnen gern in einem Beratungstermin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Melanie Haas
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