Wer muß die Säuglingserstausstattung  zahlen und müssen alle Aufwendungen vom anderen Elternteil getragen werden?
1. Sachverhalt
Die Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem Vater, die Erstattung der Kosten ihrer Säuglingsersterstattung. Das Amtsgericht Worms hatte ihn zur Zahlung von 2.222,68 € verurteilt. Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein.
Er erstrebt die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das AG Worms mehr als 775,32 € zuerkannt hat. Die Parteien streiten darüber, ob die Aufwendungen für verschiedene Ausstattungsgegenstände überhaupt und in welcher Höhe vom Beklagten zu ersetzen sind.

2. Rechtlicher Hintergrund
Sonderbedarf wird neben dem laufenden Unterhalt bei allen Unterhaltsarten geschuldet. Sonderbedarf ist nach § 1613 II BGB dann zu bejahen, wenn beim Unterhaltsberechtigten ein unregelmäßiger und außergewöhnlich hoher Bedarf entsteht.
Ob darunter auch Säuglingsausstattung fällt, ist nicht eindeutig.
Hiervon abzugrenzen sind die unter § 1615 l Abs. 1 S. 2 BGB fallenden Kosten, die unmittelbar durch die Schwangerschaft und Entbindung der Mutter selbst entstehen – etwa durch den Klinikaufenthalt der Mutter- und Teil von deren Unterhaltsanspruch sind. Das OLG Koblenz hat die Kosten der Säuglingserstausstattung lediglich nach oben auf einen Pauschalsatz begrenzt. Um feststellen zu können, ob tatsächlich ein Aufwand in dieser Höhe entstanden ist, wird der Unterhaltsberechtigte weiterhin den Sonderbedarf konkret unter Auflistung der einzelnen Positionen aufführen müssen. Aus der Einordnung als Sonderbedarf folgt, dass beide Elternteile gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen haften.

3. Urteil des OLG Koblenz vom 12.05.09 (Az.:11 UF 24/09)
Das OLG gab Berufung überwiegend statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von lediglich 1.000 €.
Das OLG stellte – ohne nähere Erläuterung –  klar, dass die Erstattung des Säuglings Sonderbedarf i.S.d. § 1613 Abs. 2 S. 1 BGB darstellt, doch die Mutter müsse hier nicht haften.

An sich müssen für Sonderbedarf die Eltern anteilig aufkommen. Das Einkommen der Mutter liegt im Jahr der Geburt der Klägerin jedoch unter dem Selbstbehalt. ““

Seiner Entscheidung der Klägerin lediglich 1.000 € zuzusprechen, stützt das OLG Koblenz auf die fehlende Erstattungsfähigkeit des Aufwands dem Grunde und der Höhe nach. Bei durchschnittlichen Verhältnissen sei ein Aufwand von pauschal 1.000 € für die Säuglingserstausstattung angemessen. Dies entspreche  dem Doppelten des Satzes, den das Landessozialgericht Brandenburg und die Hansestadt Hamburg für den geburtsbedingten Bedarf zugrunde legten.
Das OLG führt weiter aus:

Es ist zu berücksichtigen, dass auf den Basaren für Kinderkleidung, die oft in Zusammenhang mit Kindergärten oder karitativen Einrichtungen veranstaltet werden, Babyausstattung gekauft werden kann, die großenteils noch in gutem Zustand ist. Dies gilt vor allem für Babykleidung, da die Kinder schnell aus dieser herauswachsen. Diese Möglichkeiten müssten auch der Mutter der Klägerin bekannt gewesen sein, da es sich bei der Klägerin um ihr drittes Kind handelt. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, dass sie alles neu gekauft und sich dafür Geld geliehen hat. Gerade, dass sie Geld von anderen Personen leihen musste, hat ihr zusätzlich verdeutlicht, dass sie sich auf die von ihr behauptete Zusage einer großzügigen Erstattung seitens des Beklagten nicht verlassen konnte. Angesichts dessen, dass die Möglichkeit besteht, zumindest große Teile der Säuglingserstausstattung gebraucht zu kaufen, hält der Senat einen finanziellen Aufwand von 1.000,00 € für die Säuglingserstausstattung für angemessen.“

Das OLG Koblenz stellt außerdem fest, dass es einem Elternteil, der zur Leistung des Mindestunterhalts in der Lage ist, zumindest theoretisch möglich ist, eine Pauschale von 1.000 € in 5 Monaten vor der Geburt, in denen noch kein laufender Kindesunterhalt zu zahlen ist, anzusparen.
Insofern sei die Berufung überwiegend begründet.

4. Fazit
Ob sich die Auffassung des OLG Koblenz zur pauschalen Begrenzung der Kosten der Säuglingserstausstattung durchsetzt, bleibt abzuwarten. Das OLG hat dazu die Revision zugelassen. Interessant ist, daß das OLG hier fast voraussetzt, daß man die Babyausstattung nicht neu erwirbt, sondern auf den "Basaren" günstiger  erwerben kann. Bereits das OLG Nürnberg hatte mit Urteil vom 26-01-1993 – 11 UF 3577/92 entschieden, daß Säuglingserstausstattung Sonderbedarf sei.
5. Quelle
Das Urteil ist abrufbar unter: Einen Beratungstermin können Sie gerne hier vereinbaren.
ist.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Familienrecht
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