1. Sachverhalt
Die Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt. Die Ehe ist rechtskräftig im Juni 2009 geschieden worden.  Die Ehefrau arbeitet als Verkäuferin 24 Stunden pro Woche, teilweise auch samstags. Die Ehefrau und die beiden Kinder (Jahrgang 1996 und 2000) leben zusammen in einem Eigenheim, daß den Eheleuten gemeinsam gehört. Das ältere Kind besucht eine Realschule und kommt ca. 14.00 Uhr an. Das jüngere Kind besucht die 3. Klasse und wird bis 15.00 Uhr dort betreut. Die Ehefrau hat beantragt, den Ehemann zu verurteilen, an ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 800 € monatlich zu zahlen.Der Ehemann hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht verurteilte den Ehemann zur Zahlung von 530 € monatlich. Der Ehemann legte dagegen Berufung ein.
2. Rechtlicher Hintergrund
Der Gesetzgaber hat den nachehelichen Unterhalt verändert: er hat einen auf drei Jahre befristeten "Basisunterhalt" eingeführt, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes gezahlt wird. Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen zu.  Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Kindbetreuungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt.
3. Urteil des OLG Oldenburg vom 13.07.2009 (Az.: 13 UF 52/09)
Das OLG verringerte den Unterhalt nochmals auf 195 € pro Monat.
Das OLG hielt die Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes  für nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere habe die Ehefrau nicht dargelegt, daß eine persönliche Betreuung der Kinder durch sie selbst notwendig sei. Dazu schreibt das OLG:

"Einer Fremdbetreuung der Kinder stehen hier keine Gründe entgegen, tatsächlich erfolgt diese bereits zeitweise. (Das jüngere Kind) nimmt das schulische Ganztagsangebot täglich bis 15.00 Uhr in Anspruch, geht an zwei Nachmittagen anschließend seinen Hobbys außer Haus nach. Für (das ältere Kind) besteht eine schulische Betreuungsmöglichkeit, die derzeit nicht genutzt wird. An zwei Nachmittagen, an denen sie bisher stundenweise Nachhilfe erhielt, wurde ihre Betreuung für die Zeit der Nachhilfestunden letztlich durch die Nachhilfelehrerin, eine ältere Schülerin, gewährleistet. Soweit darüber hinaus an den beiden Nachmittagen, an denen die Mutter schon berufstätig ist, eine Betreuung der Kinder zu gewährleisten ist, erfolgt dies nach Absprache durch eine Nachbarin, nach Rückkehr von der Schule gehen die Kinder zuvor kurz zu den in unmittelbarer Nähe wohnenden Großeltern".

Außerdem sieht das OLG eine Verpflichtung der Ehefrau eine Betreuungsperson einzustellen, um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten.  Dazu führt das OLG aus:

"Um einer Vollzeittätigkeit nachgehen zu können, wäre die Antragsgegnerin gehalten, weitergehende Fremdbetreuungsmöglichkeiten für die Kinder zu nutzen. … befindet sich in einem Alter, in dem eine Hortbetreuung ohne Weiteres möglich sein dürfte. Dass ortsnahe Betreuungsmöglichkeiten für … in einer kindgerechten Einrichtung (Hort, Kindertagesstätte) nicht bestehen, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. … ist die Nutzung des schulischen Betreuungsangebotes zuzumuten. Dass schlechte Busverbindungen bestehen, die Nutzung des schulischen Angebotes für sie deshalb mit einem verhältnismäßig hohen Zeitaufwand bis zur Rückkehr nach Hause verbunden ist, steht dem nicht entgegen. Wartezeiten wird …, die von der Antragsgegnerin als sehr selbständig beschrieben wird, ohne Aufsicht überbrücken können. Aufgrund ihres Alters und ihrer hohen Selbständigkeit geht der Senat zudem davon aus, dass … bereits zeitweise, zumindest stundenweise, sich selbst überlassen werden kann und einer durchgehenden Betreuung nicht mehr bedarf. Soweit Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder in Einrichtungen nicht bestehen, sind private Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen. Bei Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit der Antragsgegnerin auf eine Vollzeittätigkeit würde an den Tagen, an denen … seinen Hobbys nachgeht, für ihn ein zusätzlicher Betreuungsbedarf für wenige Stunden entstehen, an den übrigen Nachmittagen, an denen nicht bereits wie bisher die Betreuung durch die Nachbarin erfolgt, wäre seine Betreuung für die Zeit ab 15.00 Uhr sicherzustellen. … könnte, soweit ihre Betreuung noch erforderlich ist, durch die Betreuungsperson mitbetreut werden. Kindbezogene Gründe stehen danach einer Ausdehnung der Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nicht entgegen"

Daher wurden der Ehefrau fiktiv Einkünfte einer Vollzeittätigkeit angerechnet.  Abgezogen wurden u.a. davon 150 € für die Kosten einer Betreuungsperson.
4. Fazit
Das OLG weitet die Erwerbsobliegenheit sehr aus. Es verpflichtet den kinderbetreuenden Elternteil einen private Betreuungsperson einzustellen, um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Dies würde bedeuten, daß faktisch immer eine Vollzeitverpflichtung besteht. Andere Gericht haben sich bisher noch nicht zu diesem Fragenkomplex geäußert.
5. Quelle
Die Entscheidung ist im Volltext unter Einen Beratungstermin können Sie gerne hier vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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