1. Was versteht man unter "Versorgungsausgleich"
Versorgungsausgleich ist der bei der Scheidung stattfindende Ausgleich von den Eheleuten erworbenen Anwartschaften und Anrechte auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Es sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§1 Abs. 1 VersAusglG). Als "Ehezeit" gilt die Zeit vom Beginn des Monats der Heirat bis zum Ende des Monats vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages.
2. Warum wurde das Versorgungsausgleichsrecht geändert?
Früher wurde unter Verwendung der sog. "Barwertverordnung"  eine Umrechnung der Anrechte vorgenommen. Dies lag – kurz gesagt – daran, daß die jeweiligen Anrechte unterschiedliche Wertsteigerungen hatten und man sie durch die Umrechnung "vergleichen" konnte. Dieser Umrechnung lagen Annahmen zugrunde, die heute nicht mehr zutrafen.
Daher wurden Anrechte falsch "umgerechnet".
3. Was wurde geändert?
a) Die Barwertverordnung wurde zum 01.09.2009  gestrichen.
b) Das VAHRG und das VAÜG sind zum 01.09.2009  gestrichen. Dafür wurde das Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) eingeführt.
c) Frührer wurde durch die o.g. Umrechnung alle Anrechte vergleichbar gemacht. Dadurch konnte im Falle der Scheidung in der Regel ein Ausgleich stattfinden.
Nun unterscheidet das Gesetz jedes Anrecht bei den jeweiligen Vorsorgungsträgern und gleicht diese aus.
Haben die Ehegatten bei unterschiedlichen Versorgungsträgern Anrechte, kann jeder Ehegatte ausgleichsberechtigt aber auch ausgleichsverpflichtet sein.
Beispiel: A hat während der Anrechte bei X erworben. Seine Ehefrau hat dagegen keine Anrechte bei X, dafür aber Anrechte bei Y erworben.
Daher ist A ausgleichspflichtig in Bezug auf seine Anrechte bei X und die Ehefrau in Bezug auf ihre Anrechte bei Y.
Es finden daher zwei Ausgleichsvorgänge statt.
D.h.: Eine Teilung bezieht sich nicht mehr auf die Differenz sämtlicher Versorgungsansprüche aus der Ehezeit, sondern nur auf jedes einzelne in der Ehe erworbene Anrecht.
d) Grundsätzlich gilt: Das Familiengericht übertragt das Anrecht für bei Berechtiten bei dem Versorgungsträger, bei dem der Ausgleichspflichtige ein Anrecht erworben hat. Dies bedeutet auch, daß der Berechtigte ein eigenes Konto bei dem Versorgungsträger erhält.
4. Kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden?
Der VA kann auch weiterhin ausgeschlossen werden. Dies ist der Fall bei:
a) einer Ehezeit bis zu 3 Jahren (kurze Ehezeit)
b) einer Vereinbarung zwischen den Parteien
Hinweis: Eine Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung
Gemäß §1408 Abs. 2 S. 2 BGB wurde ein ehevertraglich vereinbarter Ausschluß des VA unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres ein Scheidungsantrag gestellt wird. Diese Regelung entfällt ersatzlos.
c) einem Ausnahmefall des §19 VersAusglG (z.B. bei ausländischen Anrechten)
d) grober Unbilligkeit (27 VersAusglG)
e) Bagatellfällen (25,20 € Monatsrente und 3024 € Kapital)

5. Wie werden die Grundlagen für den Versorgungsausgleich ermittelt?
Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes muß das Familiengericht von Amts wegen die Anrechte ermitteln. Dazu müssen die Eheleute dem Gericht gegenüber Auskunft erteilen. Außerdem sind die Versorgungsträger dem Gericht gegenüber verpflichtet Auskunft zu erteilen.
6. Durchführung des Versorgungsausgleichs
Nach neuen Recht ist grundsätzlich eine "interne Teilung" durchzuführen. Nur in seltenen Fällen soll einen externe Teilung durch geführt werden.
a) interne Teilung
Bei der internen Teilung übertragt das Gericht das Anrecht innerhalb desselben Versorgungssystems vom Verpflichteten auf den Berechtigten (§10 Abs. 1 VersAusglG). Mit Rechtskraft der Entscheidung verliert der Ausgleichspflichtige in der Höhe des Ausgleichswertes sein Anrecht; der Berechtigte erwirbt in der gleichen Höhe die Ausgleichswerte.

Wichtig: Das sog. Rentnerprivileg entfällt. Bisher galt für ausgleichspflichtige Ehegatten, die im Zeitpunkt der Entscheidung eine Rente bezogen, eine Sonderregelung: Ein Ausgleichspflichtiger Renter wurde nach alten Recht seine Rente in der gleichen Höhe ausbezahlt. Der Versorgungsausgleich wirkte sich erst aus, wenn der Ausgleichsberechtigte auch Rente bezog. Diese Regelung ist jetzt aufgehoben und die Rente wird sofort mit Wirksamwerden der Entscheidung gekürzt.

b) externe Teilung
Bei der externen Teilung überträgt das Gericht ein Anrecht des Pflichtigen von einem anderen Versorgungsträger auf das Konto des Berechtigten.
Diese Teilung ist höchst kompliziert und sollte vorher genau geprüft und mit einem Rechtsanwalt durchgesprochen werden.
7) Anpassungen nach Rechtskraft der Entscheidung
Diese sind u.a. wegen Unterhalts, wegen vorzeitigem Rentenbezugs oder wegen Tod des Berechtigten möglich. So kann die durch den VA ausgelöste Kürzung der Versorgung eines Ehegatten ausgesetzt werden, wenn sie einen gesetzlichen Unterhalt des anderen Ehegatten beeinträchtigt oder ausschließt. Neu ist, daß die Versorgung um einen Mindestbetrag gekürzt worden ist. Derzeit beträgt dieser Mindestbetrag monatlich 50,40 € sowie als Kapitalwert 6.048 €.
8.Welche Übergangsregelungen gelten?
a) Die Verfahren, die vor dem 01.09.2009 eingeleitet wurden, müssen das alte Recht anwenden. Alle Verfahren, die nach dem 31.08.2009 eingeleitet wurden, werden nach dem neuen Recht geregelt (§48 VersAusglG). Für die Einleitung ist der Eingang eines Antrages beim Gericht.
b) Für Verfahren, die bis zum 31.08.2010 noch nicht durch eine Entscheidung in der ersten Instanz abgeschlossen wurden, gilt das neue Recht.
c) Verfahren die vor dem 01.09.2009 abgetrennt oder ausgesetzt wurden oder bei denen das Ruhen angeordnet wurde, gilt das neue Recht, wenn sie nach dem 01.09.2009 wieder aufgenommen wurden (§48 Abs. 2 VersAusglG).
Für Fragen zu diesen oder andere Themen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sie können hier einen Beratungstermin vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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