1. Sachverhalt
Die Klägerin war mit dem Beklagten verheiratet. Aus der Ehe sind 5 Kinder hervorgegangen. Im Februar 2000 ist die Klägerin ausgezogen. Die Klägerin hatte sich sexuell umorientiert und spätestens seit Juni 2000 eine gleichgeschlechtliche Beziehung aufgebaut. Sie verklagte den Beklagte auf Trennungsunterhalt. Der Beklagte machte geltend, die Klägerin habe den Unterhalt verwirkt, weil sie ein intimes Verhältnis zu einer Frau aufgenommen hat. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht der Klage aber teilweise stattgegeben.
2. Rechtlicher Hintergrund
Nicht selten ist der Grund für die Trennung ein neuer Partner / eine neue Partnerin. In diesen Fällen werden wir oft gefragt, ob man in diesen Fällen noch Unterhalt fordern kann oder zahlen muß. Hier wird gefragt, ob der Unterhalt noch zu zahlen ist oder verwirkt ist. Das Gesetz geht grundsätzlich davon aus, daß der bedürftige Ehegatte nach der Trennung einen angemessenen Unterhalt beanspruchen kann. D.h. grundsätzlich kommt es auf die Gründe der Trennung nicht an. Nach § 1579 BGB kann ein Unterhaltsanspruch wegen grober Unbilligkeit entfallen, wenn der Unterhaltsberechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinwegsetzt oder ihm ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten ist. Dabei ist anerkannt, daß das Ausbrechen aus einer Ehe in Verbindung damit, daß der Unterhaltsberechtigte sich einem neuen Partner zuwendet, ein Verwirkungsgrund sein kann.
3. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.04.2008 (Az.: XII ZR 7/05)
Der BGH hob die Entscheidung auf und verwies das Verfahren wieder an das Oberlandesgericht. Es hielt aber für möglich, daß die Klägerin den Trennungsunterhalt verwirkt hat. Dazu führt der BGH u.a. aus:
"Für die Annahme, ein Härtegrund i.S. des § 1579 Nr. 7 BGB liege unabhängig von der Frage der Einseitigkeit eines Fehlverhaltens nicht vor, hat das Berufungsgericht maßgebend darauf abgestellt, dass es der Klägerin wegen ihrer sexuellen Umorientierung und Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen nicht habe verwehrt werden können, sich aus der ehelichen Gemeinschaft zu lösen."

Dabei betont das Gericht, daß der Klägerin die Umorientierung nicht vorgeworfen werden, sondern etwas anderes:
"Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes gemäß §1579 Nr. 7 BGB ist danach nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint. (…) Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte" (vgl. BGH vom 16.04.2008)
Dabei sei es unerheblich, daß sich die Klägerin einer Frau zugewandt habe, da die Grundsätze sowohl für heterosexuelle als auch gleichgeschlechtliche Paare gelten müssen. Denn der Klägerin werde nicht die gleichgeschlechtliche Beziehung, sondern das Ausbrechen aus der Ehe an sich in Verbindung mit der neuen Beziehung vorgeworfen.
Da der BGH hier die Möglichkeit sieht, daß eine Verwirkung gegeben ist, dazu aber noch einige Feststellung seitens des Oberlandesgerichts getroffen werden müssen, wurde die Angelegenheit insgesamt an das OLG zurückverwiesen. 
4. Fazit
Die Annahme, der Unterhalt werde automatisch mit der neuen Beziehung entfallen, trifft ebenso nicht zu, wie die Befürchtung der Unterhaltsverpflichteten, daß eine neue Beziehung überhaupt keine Chancen bieten. Es kommt auf den Einzelfall an. Dazu ist es aber notwendig, daß man dem Rechtsanwalt alle wesentlichen Details auch für den Grund der Trennung und möglicher neuer Partner nennt. Aber auch wenn ein Härtegrund erfüllt ist, bedeutet dies nicht automatisch, daß der Unterhaltsanspruch vollständig wegfällt: er kann auch in der Höhe herabgesetzt oder zeitlich befristet werden. Auch hier kommt es auf den Einzelfall.
5. Quelle
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.04.2008: abzurufen unter hier mit uns einen Beratungstermin vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Familienrecht
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