Hat ein Arbeitsloser eine Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit?

Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit
Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit (Foto: © Marco2811 – Fotolia.com)

Das OLG Naumburg hat mit seinem Beschluss vom 17.02.2005 (gerichtliches Aktenzeichen: 14 UF 182/04) nochmals dargestellt, dass sich der Unterhaltspflichtige nicht auf seinen Status als Arbeitsloser berufen kann. Vielmehr hat er „alle verfügbaren Mittel“ zu verwenden. Der Arbeitslose müsse „alle zumutbaren Anstrengungen“ unternehmen, „um durch sofortige Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit und notfalls ergänzende Nebenerwerbstätigkeit seine Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. so schnell wie möglich wieder herzustellen“

Dazu muß der Unterhaltspflichtige sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen und – im Fall eines Prozesses – seine „Nichtvermittelbarkeit“ darlegen und beweisen.

Was bedeutet dies für die Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit?

1. Meldungen beim Arbeitsamt

Die Meldung beim Arbeitsamt und die dort angebotenen Vermittlungen reichen für den Nachweis der Nichtvermittelbarkeit nicht aus (vgl. BGH in: FamRZ 1990, S. 499). Sie sind ein absolutes Minimum an Initiative.

2. Telefonische Bewerbungen

Das OLG Köln hat in einem Urteil vom 05.02.2003 (gerichtliches Aktenzeichen: 26 UF 15/02) klargestellt, dass telefonische Bewerbungen als Bewerbungsbemühungen nicht ausreichend sind.

Begründet wird dies damit, daß „bei der heutigen Arbeitsmarktlage davon auszugehen ist, daß ein gewerblicher Arbeitgeber nur schriftliche Arbeitsgesuche in die Auswahl einbeziehe. Ob dies nicht lebensfremd ist, sei dahin gestellt. Hier soll nur darauf hingewiesen werden, daß in vielen namenhaften Anleitungen für Bewerbungen gerade geraten wird, zunächst einen telefonischen Kontakt herzustellen.

3. Blindbewerbungen

Blindbewerbungen allein reichen nicht aus. Auch habe der Unterhaltsverpflichtete auch eigene Anzeigen aufzugeben. Außerdem muß der Anzeigenteil der örtlichen und überörtlichen Tagespresse regelmäßig durchgelesen werden (OLG Brandenburg, Beschluß vom 23.07.2003).

4. Kontinuierliche Bewerbungsbemühungen

Die unternommenen Bewerbungsbemühungen müssen kontinuierlich sein. Es müssen mindestens 20 – 30 ernsthafte Bewerbungen monatlich vorgenommen werden (vgl. OLG Naumburg in: FamRZ 2005, S. 2089). In einem Prozeß müssen diese Bemühungen konkret dargelegt werden und durch eine chronologisch geordnete und durchnummerierte Aufstellung dokumentiert werden.

5. Bewerbungskosten

Da den Arbeitslosen die Bewerbungskosten erstattet werden, kann sich der Unterhaltsverpflichtete auch nicht darauf berufen er se zu weiteren Bewerbungen finanziell nicht in der Lage gewesen (OLG Köln a.a.O).

6. Umschulungsmaßnahmen als Ausweg für die Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit

Es reicht nach einem Beschluß des OLG Brandenburgs vom 23.07.2003 für den Nachweis der Nichtvermittelbarkeit auch nicht aus, daß dem Unterhaltsverpflichteten eine Weiterbildungsmaßnahme bzw. Umschulungsmaßnahme durch das Arbeitsamt gewährt wurde. Dies sei lediglich ein Indiz. Zwar sei die Entscheidung, an einer Umschulung teilzunehmen, für sich betrachtet kein Fehlverhalten. Doch könne der Unterhaltsverpflichtet gezwungen sein, mehr zu tun, als nur an den Umschulungsmaßnahme teilzunehmen.

7. Arbeitsmarktlage und Alter

Es reicht letztlich auch nicht der allgemeine Hinweis auf die schlechte Arbeitsmarktlage oder das Alter eines Unterhaltsverpflichteten aus. Daher gelten die Erwägungen auch für einen 57jährigen Arbeitslosen (so: OLG Hamm in: OLGR Hamm 2004, S. 304)

8. Nachtrag: OLG Schleswig-Holstein vom 26.05.2009

Kann der Unterhaltspflichtige die keine Bemühungen darlegen, dass er alles versucht, den Mindestunterhalt sicherzustellen, so wird getan, als hätte er ausreichend Einkommen, um jedenfalls den Mindestunterhalt zu zahlen.

9. Weiterer Nachtrag: Das OLG Köln hat am 12.05.2011 entschieden, keine Pflicht zur Nebentätigkeit besteht, wenn der Unterhaltspflichtige pro Woche 40 Stunden arbeitet. Dies gilt selbst dann, wenn der Unterhaltspflichtige mit seiner Tätigkeit nicht den Mindestunterhalt decken kann. Dies ist nach unserer Auffassung eine Einzelfallentscheidung. Mehr finden Sie hier.

10. Nachtrag: Wechsel des Arbeitsplatzes

OLG Berlin-Brandenburg vom 06.09.2010

Wer Unterhalt zahlen muss, muss seine erhöhte Erwerbsobliegenheit beachten. Diese umfasst sogar einen möglichen Wechsel in eine andere Tätigkeit.

Trotz allem sind die Anforderungen an den arbeitslosen Unterhaltspflichtigen sehr hoch sind. Grundsätzlich besteht die Unterhaltspflicht nach der Arbeitslosigkeit weiter.

Als Unterhaltspflichtiger muß man sich daher sofort, um einen alternative Arbeitsmöglichkeit bemühen. Hält man sich dabei nicht an die obigen Vorgaben, so werden seitens des Gerichts fiktiven Einkünfte, d.h. die erzielbaren Einkünfte als Einkommen eingesetzt.

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Autor: Rechtsanwalt Klaus Wille
und Fachanwalt für Familienrecht
Dozent für das Arbeits- und
Betriebsverfassungsrecht
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