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OVG Hamburg: Eltern schulden dem Kind Vorschuss für die Kosten eines Rechtsstreits

Die Eltern schulden ihrem volljährigen Kind den Vorschuss für die Kosten eines Rechtsstreits mit dem die Zulassung zum Masterstudiengang gefordert wird. Dies gilt auch dann, wenn das Kind zunächst einen Bachelorstudiengang und dann anschließend nunmehr ein Masterstudiengang anstrebt.

1. Sachverhalt

Hintergrund des Verfahrens war der Antrag eines volljährigen Kindes auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Diese sollte für ein Verfahren zur Durchsetzung des Anspruchs auf vorläufige Zulassung zum Studium gewährt werden.

Der Antragsteller hatte einen berufsqualifizierenden Abschluss im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre absolviert. Nunmehr möchte er ein weiteres Studium, den  Masterstudiengang Betriebswirtschaft (Business Adminstration) durchführen. Für ein Verfahren zur Zulassung zu dem Masterstudiengang beantragte der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe.

2. Beschluss des OVG Hamburg vom 8.2.2016 (3 Nc 07/15)

Das Oberverwaltungsgericht (kurz: OVG) lehnte den Anspruch des Antragstellers ab. Eltern schulden den Kindern grundsätzlich ein Vorschuss für die Kosten eines Rechtsstreits um die Zulassung zum Studiengang. Die soll auch dann gelten, wenn das Kind bereits einen abgeschlossenen Studiengang (Bachelorstudiengang) hat. Kann er für ein Verfahren zur Zulassung zum Masterstudiengang ein Kostenvorschuss verlangen. Zwischen dem Bachelorstudiengang und dem Masterstudiengang müsse nur ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen und der Masterstudiengang müsste eine fachliche Ergänzungen, Weiterführung oder Vertiefung des Bachelorstudiengangs sein. Da der Antragsteller im unmittelbar zeitlichen Anschluss an sein Studium zum Bachelorstudiengang den Masterstudiengang Betriebswirtschaft aufnehmen wollte, war der zeitliche Zusammenhang ersichtlich. Auch der fachliche Zusammenhang war offensichtlich gegeben.

Allein für den Fall, dass die Eltern selbst nicht leistungsfähig sind, entfiele eine Vorschusspflicht. Hierzu führt das OVG wie folgt aus:

“Eine Vorschusspflicht scheidet in Fällen der vorliegenden Art nur dann aus, wenn die Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse der Eltern einen Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses ausschließen. Dies ist der Fall, wenn diese selbst für das Führen eines entsprechenden Rechtsstreits Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung beanspruchen könnten. Wäre ihnen Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung zu bewilligen, so ist auch dem vorschussberechtigten Kind Prozesskostenhilfe nur gegen entsprechende Ratenzahlung zu gewähren (…). Könnten die Eltern die Kosten der Prozessführung dagegen ohne Ratenzahlung aufbringen, so hat das prozessführende Kind einen uneingeschränkten Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses, der die Bewilligung von (staatlicher) Prozesskostenhilfe ausschließt. Da nach § 1606 Abs. 3 BGB mehrere gleich nahe Verwandte zwar kumulativ, aber nur anteilig als Teilschuldner und nicht als Gesamtschuldner haften (…), ist insoweit für jeden Elternteil eine gesonderte Berechnung vorzunehmen und deren Ergebnis zu addieren.

Nach diesen Maßstäben kann der Antragsteller die Kosten der Prozessführung aufgrund eines Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss gegenüber beiden Elternteilen aufbringen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens betragen, soweit sie im Prozesskostenhilfeverfahren zu berücksichtigen sind (vgl. § 123 ZPO), voraussichtlich 757,60 Euro
(OVG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2016 – Aktenzeichen 3 Nc 207/15)

Dies könnten die Eltern aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse in vier Monatsraten abgleichen.

3. Fazit zu den Kosten eines Rechtsstreits

  • Verfahrenskostenhilfe erhält derjenige, der keine eigenen Mittel hat, um den Rechtsstreit zu finanzieren.
  • Kinder haben einen Anspruch gegenüber den Eltern auf Zahlung eines Rechtsstreits.
  • Bei dem Anspruch eines Kindes handelt es sich um einen Unterhaltsanspruch gemäß §1360a BGB.
  • Eltern müssen Ihren Kindern  Unterstützung für eine Ausbildung geben. Wenn eine weitere Ausbildung zeitlich und inhaltlich so eng mit einer schon absolvierten Ausbildung verbunden ist, kann es zur weiteren Unterhaltspflicht kommen.

 

Autor: Rechtsanwalt Klaus Wille
Fachanwalt für Familienrecht
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