OLG Köln/ AG Köln1. Sachverhalt

Klägerin verlangt für sich Trennungsunterhalt  für die Zeit von Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Scheidung. Der Beklagte hatte ein Nettoeinkommen in Höhe von ca. 9900 €. Davon wurden berufsbedingte Auslagen sowie der Kindesunterhalt abgezogen. Es verblieb ein Erwerbseinkommen des Beklagte in Höhe von 8240 € pro Monat. Die Ehefrau war zum Zeitpunkt der Trennung nicht Berufstätig. Das Trennungsjahr war im Juli 2009 abgelaufen. Für die Zeit ab Juli 2009 macht die Klägerin geltend, krankheitsbedingt keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen zu müssen. Das Amtsgericht hatte den Beklagten zur Unterhaltszahlung verurteilt. Das Amtsgericht hatte den Unterhalt nicht konkret berechnet, sondern den Unterhalt nach der Quote (3/7) berechnet. Beider Parteien hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Klägerin verlangte insbesondere für die Zeit von Juli 2008 bis Dezember 2009 einen höheren Unterhalt.  Der Beklagte vertritt die Auffassung, der Ehefrau stehe nur ein Betrag in Höhe von 1450 € monatlich zu, da sie diesen konkret benötige.

2. Rechtlicher Hintergrund

Die Höhe des Ehegattenunterhalts richtete sich grundsätzlich nach dem Einkommen des Unterhaltsschuldners. Bei besonders guten Einkommensverhältnissen wird die Unterhaltsberechnung nicht nach der sog. 3/7 Quote (sog. „Quotenunterhalt“) sondern aufgrund konkreter Darlegung des Unterhaltsberechtigten berechnet. Im Rahmen des „Quotenunterhalt“ zieht man auch den sog. Erwerbsanreiz ab. Der Erwerbstätigenbonus ist vom bereinigten Nettoeinkommen abzuziehen. Dieses ergibt sich dadurch, dass man von dem Nettoeinkommen zunächst noch die berufsbedingten Aufwendungen, den Kindesunterhalt und die ehebedingten Schulden abziehen kann. Die Höhe des Erwerbstätigenbonus ist  gemäß  der Düsseldorfer Tabelle 1/7, gemäß der Bayrischen Unterhaltsleitlinien mit 1/10 zu berücksichtigen. Der BGH hat mit Urteil vom 10.11.2010 (Az.: 12 ZR 197/08) festgestellt, dass im Rahmen der konkreten Unterhaltsberechnung kein Abzug eines Erwerbstätigenbonus gerechtfertigt ist.

3. Urteil des OLG Köln vom 24.01.2012 (Az.: 4 OF 137/11)

Das OLG wies die Berufung des Beklagten zurück und gab der Berufung der Klägerin teilweise statt. Der Unterhalt für die Zeit von Juli 2008 (Trennungszeit) bis Dezember 2008 sei höher anzusetzen. Das Trennungsjahr sei erst Anfang Juli 2009 abgelaufen. Im Trennungsjahr habe die Unterhaltsberechtigte keine Verpflichtung eine Tätigkeit aufzunehmen.
In der  Zeit von Januar 2009 bis Juni 2009 verringerte sich der Unterhalt etwas, da das Einkommen des Beklagten geringer ausfiel.
Ab Juli 2009 hätte die Klägerin arbeiten müssen. Sie war mit Ablauf des Trennungsjahres verpflichtet eine vollschichtige Erwerbstätigkeit anzunehmen. Eine Krankheit der Klägerin sei nicht konkret nachgewiesen worden. Atteste lagen nicht vor. Aufgrund eines fiktiven Einkommens in Höhe von monatlich 1300 € verringerte sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf ca. 2660 €. Der Einwand des Beklagten, es sei hier eine konkrete Unterhaltsberechnung vorzunehmen greife hier aber nicht durch. Der Beklagte hatte nur 1450 € freiwillig geleistet. Dazu führt das OLG wie folgt aus:

„Zu diesem Bedarf der Klägerin kommt der Beklagte nur deshalb, weil er meint, die Klägerin müsse ihren Unterhaltsbedarf, der tatsächlich einschließlich der ihr angemessenen Wohnkosten nur bei 1450,00€ gelegen habe konkret berechnen und darlegen. Entgegen der Meinung des Beklagten es jedoch bei den gegebenen Einkommensverhältnissen keine konkrete Bedarfsberechnung anzustellen. Vielmehr kann die Bedarfsberechnung nach der Quotenmethode erfolgen. Welche Methode anzuwenden ist, ist eine Frage des Einzelfalles und unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung (…)“

Der BGH hat in seinem Urteil vom 11.08.2010 (Az.: 12 ZR 102/09) im Rahmen des nachehelichen Unterhaltes ausgeführt, dass eine konkrete Bemessung des nachehelichen Unterhalts nur dann verlangt wird, wenn der Unterhaltsbedarf über 5100 € liege. Das OLG wendete diese Grundsätze auch im Rahmen des Trennungsunterhaltes an und führt dazu wie folgt aus:

„Im Trennungsunterhalt, der noch enger auf die ehelichen Lebensverhältnisse abstellt, kann nichts anderes gelten. Der Senat folgt der Auffassung, dass bei Einkommensverhältnissen der vorliegenden Art eine konkrete Bedarfsberechnung noch nicht erforderlich ist und auch nicht gefordert werden kann. Die Ausführungen des BGH lassen den Rückschluss zu, dass aus Revisionsrechtlicher Sicht nicht beanstandet werden kann, wenn auf eine vom Einkommen des Besserverdienden Ehemannes abgeleitete Bedarfsgrenze für den Quotenunterhalt der Unterhaltsberechtigten vom 5100,00€ abgestellt werden kann. Damit kann vorliegend der Unterhaltsbedarf bis 5100,00€ auch ohne konkrete Bedarfsberechnung im Rahmen der Quotenberechnung geltend gemacht werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als von dem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten konkret nachgewiesene Vermögensbildung nicht betrieben worden ist und derzeit auch nicht betrieben wird. Da zwar der Beklagte Vermögensbildung unsubstantiiert behauptet, konkrete Zahlen hierzu aber nicht vorgetragen. (..)“

Daher sei die Quotenmethode in diesem Fall auch anzuwenden. Der Berufung der Klägerin wurde daher teilweise stattgegeben.

4. Fazit

Bei einer konkreten Unterhaltsbemessung sind alle zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards benötigten Kosten konkret von dem Unterhaltsberechtigten darzulegen. Dazu zählen u.a. folgende Positionen: Essen und Trinken, Restaurant, auswärtiges Essen, Geschenke, Zeitungen, Telefon, Telefax, Internetkosten, Fernseher und Radiogebühren, Porto, sämtliche Versicherungen, Steuern, Rücklage, Frisör und Kosmetika, Freizeitaktivitäten (Kino, Theater, Sport), Urlaubsaufwendungen, Aufwendungen für Haustiere, Miete etc..  (vgl. Wendel/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Auflage, § 4 Rdnr. 763 ff..). Ab welchem Einkommen bzw. ab welchem Unterhaltsbedarf eine konkrete Unterhaltsberechnung vorgenommen werden kann, wird von den Oberlandesgerichten nicht einheitlich beurteilt. In vielen Unterhaltsrichtlinien der Oberlandesgerichte findet sich nur der Hinweis, dass bei sehr guten Einkommensverhältnissen eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht kommt. Das OLG Köln geht davon aus, dass erst ab einem Unterhaltsbedarf des Unterhaltspflichtigen in Höhe von 5100 € monatlich eine konkrete Unterhaltsberechnung notwendig ist. Bis zu einem Unterhaltsbedarf von 5100 € kann der Unterhalt auch noch im Rahmen der Quotenberechnung (3/7) geltend gemacht werden.
Immer wieder wird von den Unterhaltspflichtigen übersehen , dass der Ehegatte während der Ehe keine Erwerbstätigkeit nachging, im Trennungsjahr auch keiner Erwerbstätigkeit sofort nachgehen muss. Er hat vielmehr das Trennungsjahr zur Überbrückung und Neuorientierung. Nach Ablauf des Trennungsjahres wird aber eine Erwerbstätigkeit verlangt. Eingeschränkt wird dieser Grundsatz dann, wenn minderjährige Kinder (unter drei Jahren) betreut und versorgt werden.
5. Quellen

  • Das Urteil ist unter www.jm.nrw.de (dort Bibliothek und dort Rechtsprechungen Nordrhein Westfalen) im Volltext nachzulesen.
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