Das OLG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils eingeführt werden kann.

1. Sachverhalt

Die Eltern leben seit Anfang 2009 getrennt und haben ein gemeinsames Kind. Nach der Trennung hat man sich in einem gerichtlichen Verfahren auf die gemeinsame Betreuung des Kindes geeinigt. Man verständigte sich auf das sogenannte Wechselmodell. Aus Unzufriedenheit über die Koopera-tion zwischen den Eltern hat der Antragsteller im September 2009 beantragt, die alleinige Sorge übertragen zu erhalten. Das Amtsgericht hat Beweis durch ein Gutachten eingeholt. Das Gutachten sollte klären, welche Sorgerechtsregelung dem Wohl des Kindes am besten diene. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass das Sorgerecht bei beiden Eltern belassen und das Wechselmodell fortgesetzt werden solle. Beide Eltern seien gleichermaßen geeignet, das Kind zu erziehen. Das Amtsgericht hatte daher die Anträge der Eltern zurückgewiesen und es beim gemeinsamen Sorgerecht zu belassen. Die Antragsgegnerin legte dagegen Beschwerde ein. Sie wollte, dass ihr das alleinige Sorgerecht übertragen wird. Der Antragsteller ist zwar grundsätzlich mit der Fortsetzung des Wechselmodells einverstanden, legte dann ebenfalls einen Antrag im Wege der Anschlussbeschwerde ein und beantragte das alleinige Sorgerecht.

2. Rechtlicher Hintergrund

Das Wechselmodell beinhaltet vereinfacht gesagt, dass die Kinder zwischen den Elternteilen hin und her wechseln, d. h., dass das Kind oder die betreffenden Kinder nahezu gleichmäßig von den jeweiligen Elternteilen betreut werden.

3. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 14.03.2011 (Az.: 8 UF 189/10)

Das OLG lehnte die Beschwerde der Antragsgegnerin ab und gab der Beschwerde des Antragstellers statt. Ihm wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen.
1. Zunächst würdigte das OLG die Einschätzung des Sachverständigen und des Gerichts. Es stellte fest, dass die Wechselbetreuung gut durchorganisiert sei und im Wesentlichen reibungslos funktioniere. Dies führe zu keinerlei Belastungen für das Kind. Die Anlässe der Streitigkeiten zwischen den Eltern hätten ihre Ursache nicht in der Wechselbetreuung des Kindes sondern in den nicht aufgearbeiteten Konflikten der Eltern auf der sogenannten Paarebene. Bei einer Übertragung des Sorgerechts oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil erwarte das Gericht keine Verringerung der Streitigkeiten und damit keine Entlastung des Kindes.
2. Trotz allem sah sich das OLG gezwungen, eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu treffen, wenn die Eltern sich nicht darüber einig werden konnten, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt haben soll. Zunächst stellte das OLG fest, dass der Antragsteller die Wechselbetreuung am liebsten fortsetzen würde und auch bei Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn die Wechselbetreuung fortsetzen wolle. Er habe sich mit der Beschwerde der Antragsstellerin nur angeschlossen, weil die Antragstellerin nicht bereit sei, an der Fortsetzung des Wechselmodells mitzuwirken. Dagegen erklärte die Antragsgegnerin, dass sie an der Wechselbetreuung kein Interesse habe und nicht mitwirken werde. Für den Fall, dass dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertagen werden würde, wolle sie sich nur noch ein zweiwöchiges Um-gangsrecht mit dem Kind nehmen und ihre beruflichen Pläne einschließlich der Auslandseinsätze weiter verfolgen.
3. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde dem Kindesvater zu übertragen.
Dazu führt das OLG wie folgt aus:

„Die Erziehungseignung, Förderungskompetenz beider Eltern und die Bindung des Kindes zu beiden Kindern hält der Senat für vergleichbar; eine dem Kindeswohl entsprechende Betreuung und Versorgung ist im Haushalt beider Eltern problemlos möglich.
Bei der aus Rechtsgründen erforderlichen Entscheidung zugunsten eines Elternteils fällt zugunsten des Antragstellers ins Gewicht dass er dem Kind geringfügig bessere Rahmenbedingungen bieten kann. So hat der Antragsteller bei seiner beruflichen Tätigkeit ein höheres Maß an Zeitökonomie und kann diese Flexibilität zugunsten des Kindes nutzen. Auch die Gefahr eines berufsbedingt erforderlichen Ortswechsels hält der Senat auf Seiten des Antragsstellers für geringer als bei der Antragsgegnerin.
Schließlich scheint auch der Wunsch beider Eltern möglichst intensiv in die Betreuung des Kindes einzubinden und die Kooperation zwischen den Eltern zu verbessern, beim Antragsteller stärker ausgeprägt zu sein, als gemäß ihrer Äußerungen im Senatstermin, bei der Antragsgegnerin.“

4. Fazit

Das OLG vertritt, wie bereits auch schon das OLG Koblenz (Beschluss vom 12.01.2010, Az: 11 OF 251/09) die Auffassung, dass das Wechselmodell nicht gegen den Widerstand eines Elternteils durchgeführt werden könne. Obwohl das Wechselmodell reibungslos funktioniere, lehnte das OLG Düsseldorf ein solches Wechselmodell ab. Anders als in der Entscheidung des OLG Koblenz hatte in dem Verfahren des OLG Düsseldorf selbst der Sachverständige dafür plädiert, das Wechselmodell beizubehalten, denn die Streitigkeiten zwischen den Eltern würden sich nicht auf das Wechselmodell und auf die Situation der Kinder auswirken.
Trotz allem betonen beide Entscheidungen, dass die Kooperationsbereitschaft für das Wechselmodell zwischen den Eltern notwendig sei. Ob man bei dieser allgemeinen Aussage nicht Missbrauchsfällen Tür und Tor öffnet, muss in jedem Fall genau geprüft werden. Ob man aus dieser Verweigerungshaltung nicht auch Schlüsse im Hinblick auf das Sorgerecht schließen kann, haben die Gerichte bisher nicht entschieden. Denn wenn man – wie in dem jetzigen Fall – davon ausgeht, daß das Wechselmodell dem Kindeswohl förderlich sei, es gut funktioniere und keine Spannungen beim Kind hinterlasse, und auf der anderen Seite das Wechselmodell ablehnt, ist dies m.E. nicht am Kindeswohl orientiert.

5. Quelle

Die Entscheidung ist über das Justizportal NRW unter www.justiz.nrw.de und dort unter der Rubrik Rechtsprechung unter Eingabe des Aktenzeichens in Volltext abzurufen.
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Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
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