1. Sachverhalt

Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Sie heirateten 1987 und liesen sich 2008 scheiden. Aus der Ehe ist ein Kind im Jahr 1987 hervorgegangen. Die Ehefrau war zunächst als Angestellte beschäftigt. 1993 – also 6 Jahre nach der Heirat – beendete die Ehefrau die Tätigkeit. Danach war sie zeitweise als Selbständiger beschäftigt. Die Antragsgegnerin macht nachehelichen Unterhalt geltend. Der Antragsteller ist vom Amtsgericht zu einem – unbefristeten – Unterhalt verurteilt worden. Dagegen legte der Ehemann Berufung ein. Diese wurde zurückgewiesen. Daher legt er Revision ein.

2. Rechtlicher Hintergrund

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt der Scheidung, der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Alters, der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung, oder des Wegfalls der Voraussetzungen des Unterhalts nach §1573 BGB wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach dem alten Recht konnte der Krankenunterhalt nicht befristet werden. Gemäß §1578 b BGB kann (theoretisch) jeder Unterhaltsanspruch- d.h. auch der Krankenunterhalt- befristet werden.

3. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.02.2011 (Az.: XII ZR 108/09)

Der BGH hat die Revision abgelehnt.  Der Unterhaltsanspruch sei begründet und der Unterhalt auch nicht zu befristen. Die Ehe habe fast 20 Jahre gedauert und die Parteien hätten vorher noch 4 Jahre zusammengelebt. Die Tatsache, daß die Ehefrau ihre Tätigkeit während der Ehe aufgegeben habe, müsse genau betrachtet werden. Dazu führt der BGH aus:

"Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall, denn die Arbeitsplatzaufgabe ist der unterlassenen Erwerbstätigkeit vergleichbar. Auch die Arbeitsplatzaufgabe erfolgte im Zusammenhang mit der Ehegestaltung. Selbst wenn man im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB – darüber hinausgehend – eine einvernehmliche Regelung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit entsprechend § 1356 BGB verlangen wollte, so würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ehe der Parteien nach der Arbeitsplatzaufgabe durch die Klägerin über dreizehn Jahre fortgesetzt wurde. Außerdem investierten die Ehegatten die für die Arbeitsplatzaufgabe erhaltene Abfindung in das gemeinsame Einfamilienhaus. Schon aus diesem Grund kann der Argumentation der Revision nicht gefolgt werden, dass der Erwerbsnachteil der Antragsgegnerin durch die Abfindung ausgeglichen worden sei.
Ein ehebedingter Nachteil liegt bei einer solchen Fallgestaltung nur dann nicht vor, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das wäre der Fall, wenn die Antragsgegnerin ihren Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hätte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihr persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers. In diesem Fall würde es an einem ehebedingten Nachteil fehlen, wenn der Erwerbsnachteil auch ohne die Ehe und die mit ihr verbundene Rollenverteilung eingetreten wäre.
Dafür bestehen im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte."

Weiter führt der BGH aus:

"Bei bestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig nicht auszusprechen. Eine Befristung trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile kommt nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht, wofür nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nichts ersichtlich ist. Dass das Berufungsgericht zudem das voreheliche Zusammenleben als weiteren Billigkeitsaspekt neben der Ehedauer angesprochen hat (…), ist schließlich ersichtlich kein tragender Grund der Entscheidung.

4. Fazit

Der BGH stellte seine Rechtsprechung zur Befristung des nachehelichen Unterhalts klar. Der Standardfall ist derjenige, daß eine Ehefrau wegen der Betreuung der Kinder ihre Arbeit aufgibt. Hier war die Besonderheit, daß die Ehefrau zunächst nach der Geburt noch einige Jahre arbeitete und dann erst ihre Tätigkeit aufgab. Trotzdem liegen ehebedingte Nachteile vor. Etwas anderes kann nur dann gegeben sein, wenn Die Aufgabe der Tätigkeit auf Gründen beruht, die außerhalb der Ehe lagen, d.h. z.B. eine betriebsbedingte Kündigung.

5. Quelle:

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Rechtsanwalt Klaus Wille
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