1. Sachverhalt
Der Kläger ist ein minderjähriges Kind, daß seinen Vater auf Kindesunterhalt verklagt. Der Beklagte wohnte ein zeitlang in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und wendete Wohnkosten in Höhe von 267 € auf. Nach der Trennung des Beklagte wohnte dieser wieder allein und er zahlte Wohnkosten in Höhe von 318 €. Der Beklagte hatte ein Einkommen von 1158 € und mußte zusätzlich für ein weiteres minderjähriges kind Unterhalt zahlen. Im Rahmen einer Stufenklage verlangte der Kläger 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe. Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt; dagegen legte der Beklagte Berufung ein, die durch das Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde. Gegen das Berufungsurteil legte der Beklagte Revision ein.
2. Rechtlicher Hintergrund
In sog. Mangelfällen versuchen Gerichte wie Jugendämter den Selbstbehalt auf alle möglichen Art und Weisen zu kürzen. Der Selbstbehalt des Erwerbstätigen gegenüber minderjährigen Kindern beträgt 900 €; der Selbsthalt von Nichterwerbstätigen gegenüber minderjährigen Kindern beträgt 770 €. In den oben genannten Selbstbehaltssätzen sind Mietkosten in Höhe von  360 € (warm) enthalten. Der BGH hatte daher zu entscheiden, ob der Selbstbehalt  veringert und damit das einzusetzende Einkommen erhöht werden kann, wenn die Mietkosten geringer als 360 € betragen.
3. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 03.12.2008 (Az.: XII ZR 182/06)
Der BGH hatte in diesem Fall einige Rechtsfragen zu klären. Der BGH lehnt es aber ab, den Selbstbehalt herabzusetzen, wenn die Wohnkosten geringer als der Mietkostenanteil in dem gesetzlichen Selbstbehalt sind. Dazu führt der BGH folgendes aus:

"Zwar ist im Selbstbehalt ein jeweils konkret aufgeführter Anteil für Wohnkosten enthalten. Soweit das Oberlandesgericht den Selbstbehalt des Beklagten wegen der tatsächlich geringeren Wohnkosten herabgesetzt hat, widerspricht dies aber der Rechtsprechung des Senats. Danach ist dem Unterhaltspflichtigen gegenüber seinen minderjährigen Kindern der notwendige Selbstbehalt zu belassen, auch wenn die Wohnkosten den insoweit im Selbstbehalt berücksichtigten Betrag unterschreiten (..). Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden, ohnehin knappen Mittel nutzt. Ihm ist es deswegen nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen, einsetzen zu können. Diese Lebensgestaltungsautonomie kann dem Unter-haltsschuldner auch gegenüber Unterhaltsansprüchen für ein minderjähriges Kind nicht verwehrt werden"

Im konkreten Fall wurde der Selbstbehalt aber aufgrund der Vorteil des Zusammenlebens mit einen neuen Partner für zulässig erachtet. Die Vorteil müßten aber festgestellt werden:

"Eine Absenkung des Selbstbehalts käme danach allenfalls für die Zeit bis zum 14. November 2005 in Betracht, in der der Beklagte in einer Haushaltsgemeinschaft mit seiner früheren Lebensgefährtin wohnte. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kann der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen wegen einer infolge gemeinsamer Haushaltsführung tatsächlich eintretenden Ersparnis herabgesetzt werden, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen (…). Eine solche Herabsetzung kommt in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Haushaltsgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen – im Rahmen ei-ner Bedarfsgemeinschaft – geringeren Bedarf verweisen lassen müsste. Selbst wenn der Beklagte die relativ geringen Kosten der Wohnung hier allein getrgen haben sollte, schließt dies eine gewisse Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung nicht aus. Ob und in welchem Umfang eine solche Ersparnis eingetreten ist, bedarf der tatrichterlichen Feststellung."

Daher wurde das Urteil zur erneuten Verhandlung zurückgewiesen.
4. Fazit
Der BGH hat damit zwei Streitfragen geklärt:
a) Eine Kürzung der Selbstbehaltes wegen zu geringer Mietkosten kommt nicht in Betracht, weil jeder selbst planen kann, wie er sein Geld ausgibt.
b) Eine Absenkung des Selbstbehaltes kommt in Betracht, wenn man mit einer neuen Partnerin zusammenlebt.
5. Quelle
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