1. Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Leibrentenverpflichtung, die der Ehemann zu Gunsten der Ehefrau durch Ehevertrag eingegangen war. Der Ehemann verpflichtete sich darin eine Abfindung in Form einer Leibrente zahlen. Im Gegenzug verzichtete die Ehefrau auf den gesetzlichen Unterhalt. Die Leibrente war auf 1300 DM festgelegt. Die Parteien wurden dann im April 2002 rechtskräftig geschieden. Die Kläger (Ehemann) hatte beantragt, dass der Beklagten aus dem Ehevertrag keine Leibrente zusteht und die Vereinbarung insoweit unwirksam war. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger legte dagegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass der Ehefrau keine Ansprüche auf Zahlung einer Leibrente des Ehevertrages zu standen. Daraufhin legte die Beklagte Revision beim Bundesgerichtshof ein.
2. Rechtlicher Hintergrund
Die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt sind grundsätzlich zwischen den Parteien frei aushandeln war. Trotz dieses Grundsatzes geltende diverse Ausnahmen. Die Ehegatten haben dabei die gesetzlichen Grenzen, insbesondere das Verbot der Sittenwidrigkeit aus § 138 BGB, zu berücksichtigen. Dabei wird eine zweistufige Prüfung vorgenommen, zuerst wird im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle geprüft ob der Ehevertrag wirksam ist. Soweit ein Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Entscheidend ist bei der Ausübungskontrolle, ob sich nunmehr – im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft – aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar ist. (vgl. Urteil des BGH vom 17.05.2006 (Az.: XII ZB 250/03).
3. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 05.11.2008 (Az.: XII ZR 157/06)
BGH hält die Revision für unbegründet.

a) Zunächst stellte der BGH fest, dass die Grundsätze für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen nicht nur für den Unterhaltsbegehrenden Ehegatten, sondern auch für den auf Unterhalt in Anspruch genommenen gelten. Denn auch auf der Seite des Unterhaltspflichtigen kann eine erhebliche Unterlegenheitsposition vorliegen, die zu einer offensichtlich einseitigen Bildung von vertraglichen Lasten führt.
b) Dies kann u. a. darin zu sehen sein, dass die finanzielle Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ausgenutzt wurde.
Insbesondere wenn die Grenze des zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten ist, ist die Beschränkung der Vertragsfreiheit nicht mehr verfassungsgemäß. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruch sei die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Diese endet dort, wo der Unterhaltspflichtigen nicht mehr in der Lage sei, seine eigene Existenz zu sichern. Da der Ehemann allenfalls 810 DM nach Abzug der Leibrente habe, liege dieser Betrag unter dem notwendigen Selbstbehalt. Dies sei eine einseitige, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung.
c) Zusätzlich (!) müsse aber festgestellt werden, ob dann trotzdem der Ehevertrag sittenwidrig sei. Dies sei in diesem Fall deswegen gegeben, da deren Leibrentenverpflichtung dazu führe, dass der Ehemann auf Kosten der Sozialleistungsträger leben müsse. Nach der Rechtssprechung des BGH das kann eine Unterhaltsabrede dann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familien lasten objektiv zum Nachteil des Sozialleistungsträgers regeln. Dies müsse auch gelten, wenn der Ehegatte aufgrund seiner Unterhaltszahlung finanziell nicht mehr der Lage ist seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialgeldleistungen bedarf.
4. Fazit
Bisher gingen die Parteien meist davon aus, dass eine Unterhaltsvereinbarung nicht zulasten des Unterhaltsberechtigten geschlossen werde. Dieser Fall hat aber gezeigt, dass der Unterhaltspflichtige in Einzelfällen sogar seine eigene Existenz durch Unterhaltsvereinbarung bedrohen kann. Solche Fälle können dazu fhren, dass die Vereinbarungen wegen Sittenwidrigkeit aufzuheben ist. Dies hängt von einer Einzelfallbetrachtung ab.
5. Quelle
Bundesgerichtshof vom 05.11.2008 (Az.: XII ZR 157/06)
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